Wie schon mit einem anderen thematischen Einschlag in diesem Blog behandelt, tobt der Streit über Urheberrechte und Medieninhalte und wer was von wem woraus verlangen darf im Internet fleißig weiter.
In diesem Artikel möchte ich den jüngst aktuell gewordenen Streit von Verlegern und Google aufgreifen. Anlass diesmal ist ein Interview des Künstlers, Musikers und Technologieforschers Jaron Lanier in der Süddeutschen Zeitung, der sich kritisch in seinem neuesten Werk "Digital Maoism" über die Internetkultur und Google auslässt.
Dem möchte ich einmal einen Blick aus der Technik und der Rechtswissenschaft entgegenhalten. Technik fasziniert mich bereits seit dem Nintendo Entertainment System und führe seitdem ein aktives digitales Zweitleben in der virtuellen Welt. Mit dem interviewten Autoren würde ich mich daher trefflich streiten, da dessen Prämissen und Ansichten angreifbar sind. Generell gehe ich auch von der Annehme aus, dass das Onlineangebot im Medienbereich ein Nischenprogramm bleibt und die etablierten Medien nicht verdrängen wird, sondern ergänzt. Das Medium selbst muss aber nicht unbedingt die altbekannte Papierzeitung bleiben, sondern wird sich mit der Zeit wandeln.
Speziell zum Medienbereich möchte ich den Leser gerne noch an ein paar Gedanken teilhaben lassen. Lanier führt in der SZ u.a. aus:
"Statt nur Anzeigen zu verkaufen, muss [Google] anfangen, Geld zu verlangen für die Inhalte, die es anbietet, und dieses Geld an die Autoren auszuzahlen. Sonst ist die Zivilisation, die es im Internet verfügbar machen will, irgendwann tot."
Hier wird vom interviewten Autor das klassische Geschäftsmodell im Medienbereich hochgehalten. Die Logik, warum Google verpflichtet werden soll Geld für Inhalte von Dritten zu verlangen, die Google gar nicht im verwertungsrechtlichen Sinne gehören, erschließt sich mir nicht ganz. Im Übrigen wäre Google urheberrechtlich dazu gar nicht befugt.
Sollte der Autor gemeint haben Google solle Geld für das Anzeigen der Suchergebnisse verlangen (ein wahrlich törichter Gedanke!), negiert er, dass das Internet eben keine geschlossene Veranstaltung ist, sondern ein offenes Medium (= jeder kann nach belieben Inhalte ins Internet stellen) und Google gerade durch diese Offenheit, bzw. in der Organisation derselben, sein Geld verdient. Und zwar an den neben den Suchergebnissen stehenden Werbeanzeigen und nicht (direkt) am Inhalt der Suchergebnisse. Auch können die Verlage technisch sicher stellen, dass Google ihr Angebot nicht als Treffer anzeigt, wenn sie verhindern wollen, dass ihre Inhalte von Google gefunden werden sollen. Freilich würden die Verlage damit aber sehr viel weniger Nutzer über Suchmaschinen auf ihre Seite locken, was deren eigenen Werbeeinnahmen schmälern dürfte.
Denn Inhalteanbieter verdienen nämlich heute anteilig ebenfalls viel Geld mit der Onlinewerbung, die sich in der Höhe nach der Zahl der Seitenzugriffe, der Zielgruppe und den Klicks auf die Werbebanner maßgeblich bemisst. In diesem Blog habe ich beispielsweise eine vergleichsweise niedrige Seitenzugriffszahl. Dafür verdiene ich pro Klick auf einen Werbebanner vergleichsweise viel, weil bei mir spezialisierte Werbung genau auf meinen dafür zugeschnittenen Leserkreis erscheint und die Werbetreibenden bereit sind für Sie, meine verehrten Leser, mehr Geld auszugeben. Ein Texterkennungsalgorithmus, der meine Texte nach entsprechenden Schlüsselwörtern und Verbindungen analysiert, sorgt dafür, dass eben die Werbung im inhaltlichen Kontext der Artikel steht.
In der Wirtschaft ist es beispielsweise bei Spielekonsolen üblich, dass nicht primär über den Verkauf der Primärware Geld verdient wird, sondern über Sekundärprodukte. Bei Spielekonsolen verlieren die Hersteller Geld mit dem Verkauf der Konsole und verdienen am Verkauf der Spiele dafür kräftig mit. Die Softwareentwickler profitieren dagegen von der großen bzw. größeren Verbreitung der Konsole. Letztlich gewinnen beide Seiten, Hersteller und Softwareproduzenten, Geld damit.
Im Onlinemedienbereich ist es im Prinzip ähnlich, so dass Leser, Inhalteanbieter und Suchmaschinenbetreiber profitieren. Zum einen wird der Inhalt dem Leser durch die Verlage kostenlos zur Verfügung gestellt, die dadurch möglichst viele Leser auf die Webseite locken, um an den höheren Werbeeinnahmen zu verdienen. Die Suchmaschinen lenken dabei die Anfragen der Nutzer auf die entsprechende Webseite mit den gesuchten Informationen. Ihnen wird von den Verlagen in der Regel gestattet deren Inhalte in ihre Suchergebnisliste aufzunehmen. Wie oben bereits geschildert, verdienen die Verlage an dem erhöhten Besucheraufkommen an den Werbeeinnahmen und profitieren vom Auffinden durch die Suchmaschine damit zusätzlich. Google profitiert ebenfalls von der kontextsensitiven Werbung neben der Trefferliste auf seiner Seite.
Der speziellere News-Suchdienst von Google zeigt keine Werbung in Deutschland an, weshalb hier der Vorwurf von "Kommunismus" und "Inhalteklau" an den Inhalten der Nachrichtenredaktionen fehl geht. Dieser Fakt wird trotzdem gerne von Inhalteanbietern und Kritikern übersehen.
Die jetzt von den Verlagen erhobene Forderung auch an den Werbeeinnahmen von Google zu partizipieren, ist im Grunde genommen vermessen. Das wäre in etwas so, als wenn ich von der Post eine Beteiligung an ihren Werbeeinnahmen fordern würde, weil sie mit einem Werbe-Stempel zusätzlich auf meinen Briefen, die ich über sie transportieren lasse, Geld verdient. Und zwar mit dem Argument die Post würde sich durch das Versenden und Bedrucken mit Werbung meiner Briefe zusätzlich an meinem Briefinhalt "zu Unrecht" bereichern, von dem ich nun auch etwas abhaben will.
Insofern sehe ich den "Schwarzen Peter" eher auf Seiten der Verlage, die geldgierig an den Früchten anderer teilhaben möchten und nicht bei Google, denen das aber kurioserweise von Verlegerseite vorgeworfen wird. Was für eine bittersüße Ironie?!