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Die Generalstaatsanwaltschaft Rostock und die Kunst, Beharrlichkeit zu verunglimpfen, um von ihren Fehlern abzulenken

Ein Gespenst geht um in Rostock – das Gespenst der juristischen Akribie. Und die Generalstaatsanwaltschaft Rostock? Sie und die weiteren beteiligten Staatsanwaltschaften aus Mecklenburg-Vorpommern scheinen voll der Angst, wenn sie auf einem Volljuristen treffen, der ihre Arbeit beharrlich hinterfragt. Anders lässt sich kaum erklären, wie sie jüngst meine Beharrlichkeit auf korrektes juristisches Arbeiten hinzuwirken den Stempel des "Querulantentums" aufdrückten. Als ich jüngst ihre aktuelle Stellungnahme zu mehreren Klageerzwingungsverfahren vor dem OLG Rostock (z.B. Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Rostock zu 20 Ws 175/24 vom 05.12.2024 - 2 Zs 595/24, S. 11) durchgelesen habe, ging mir durch den Kopf: Wer in diesem Land Politiker als Schwachkopf beschimpft, bekommt die Härte des Staates zu spüren - aber selbst nimmt man sich das Recht heraus, einen Kollegen der Gegenseite so zu verunglimpfen? Und dass, obwohl sich meine Rechtsposition direkt aus Rechtssätzen des Bundesverfassungsgericht ableitet und auch vom SG Karlsruhe geteilt werden? Verehrte Kollegen, ein Griff in die unterste Schublade tut ihrer eigenen Glaubwürdigkeit nicht gut. Das ist nicht nur ein schlechter Stil - er ist auch ein verbaler Schlag ins Gesicht all jener, die den Rechtsstaat (noch) ernst nehmen und seine Hüter an ihre Verantwortung erinnern.

Erinnern wir uns: Was ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft? Sie ist die "objektivste Behörde der Welt", verpflichtet zu ermitteln, wenn zureichende Tatsachen dies gebieten. Sie ist die Hüterin des Rechts, es steht auch nicht in ihrem Belieben einzuschreiten. Bei Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben muss sie ermitteln! Gerade bei der Aufarbeitung von Unrecht durch Staatsbedienstete sollte sie ihre Aufgabe ernster nehmen, als ich es bislang vorgefunden habe. Doch wenn nun das beharrliche Einfordern eben dieser Objektivität, das präzise Sezieren von Sachverhalten, das Erinnern an die eigene Pflicht als "Querulantentum" diffamiert wird, dann offenbart sich ein erschreckendes Verständnis von Rechtsstaatlichkeit.

Ist es "querulatorisch", wenn ein Bürger auf die Einhaltung von Gesetzen und grundlegender verfassungsrechtlicher Prinzipien und Rechtssätze des Bundesverfassungsgerichts durch Staatsbedienstete pocht? Ist es "querulatorisch", wenn er die Staatsanwaltschaft an ihre Pflicht zur lückenlosen Aufklärung erinnert? Ist es "querulatorisch", wenn er sich nicht mit oberflächlichen Ermittlungen zufrieden gibt?

Wer so argumentiert, verkehrt Ursache und Wirkung. Nicht derjenige, der auf Missstände hinweist, ist der Übeltäter, sondern derjenige, der sie ignoriert oder gar zu vertuschen versucht. Die Generalstaatsanwaltschaft Rostock scheint hier den Bock zum Gärtner zu machen. Sie stilisiert die berechtigte Kritik an ihrer Arbeit (und der weiterer befasster Staatsanwaltschaften in Mecklenburg-Vorpommern) zur lästigen Störung hoch und entzieht sich damit der notwendigen Selbstreflexion.

Die Konsequenzen dieser Haltung sind fatal. Sie erstickt den kritischen Diskurs, der für eine funktionierende Justiz unerlässlich ist. Sie sendet in diesen Wochen ein verheerendes Signal an die Bürger: Wer sich für seine Rechte einsetzt, wer die Mächtigen kontrolliert, der wird zum Ausgestoßenen, einem "Querulanten" gleich gestellt. 

Diese Entwicklung dürfen wir nicht zulassen! Die Staatsanwaltschaft ist nicht zur Absicherung einer elitären Schichten aus Politik und Staat gedacht, sondern dient dem Recht und damit uns allen. Sie muss sich der Kritik stellen, sie muss aus Fehlern lernen, sie muss sich ihren Pflichten stellen. Und sie darf gerne ihre von meiner abweichenden juristischen Auffassung sachlich und mit präzisen juristischen Argumenten mir entgegen halten. Aber doch bitte mit dem gebotenen Respekt und Würde vor einem Kollegen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Rostock ist gut beraten, ihre Definition von "Querulantentum" zu überdenken. Sonst läuft sie Gefahr, dass nicht die Beharrlichkeit eines Bürgers, sondern ihre eigene Ignoranz und Arroganz als die wahren Makel in jenen Verfahren wahrgenommen werden. Es ist an der Zeit, dass die Hüter des Rechts sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe besinnen: die Verteidigung des Rechts, nicht die Verteidigung ihrer eigenen Fehler. Und dies einzufordern, liebe Staatsanwälte im Land, ist keine Querulanz, ich sehe dies schlichtweg als meine Pflicht als Bürger eines Rechtsstaates.

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