In einem aktuellen Fall aus meiner juristischen Praxis sehe ich mich mit Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Schwerin und der Generalstaatsanwaltschaft Rostock konfrontiert, die einmal mehr erhebliche Zweifel an der konsequenten Anwendung des Rechts in Mecklenburg-Vorpommern aufkommen lassen. Konkret geht es um die Ablehnung der Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Verleumdung, hilfsweise der üblen Nachrede, gegen eine Rechtsvertreterin des Jobcenters – eine Entscheidung, die sowohl in der Sache als auch in der Begründung fragwürdig erscheint.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (Az. L 8 AS 184/24 NZB und L 8 AS 185/24 NZB) sah ich mich in einer Stellungnahme der Rechtsvertreterin des Jobcenters vom 16.10.2024 mit einer Tatsachenbehauptung konfrontiert, die geeignet ist, meine Ehre und meine prozessuale Stellung erheblich zu beeinträchtigen. Diese behauptete, ich würde „jeden entscheidenden Spruchkörper der Gerichtsbarkeit für befangen erklären, der meine Auffassung nicht teilt“. Diese Behauptung ist nachweislich unzutreffend, da ich im gesamten Verfahrensverlauf lediglich zwei, jeweils begründete, Befangenheitsanträge gestellt habe.
Trotz der klaren Beweislage und meiner detaillierten Darlegung in einer Beschwerde sowie einer Erwiderung lehnten sowohl die Staatsanwaltschaft Schwerin (Az. 111 Js 32416/24) als auch die Generalstaatsanwaltschaft Rostock (Az. 2 Zs 769/24) die Aufnahme von Ermittlungen ab. Die Begründungen beider Behörden werfen erhebliche Zweifel an einer sorgfältigen und umfassenden Sachverhaltsprüfung auf.
Kritikpunkte an den Entscheidungen der Staatsanwaltschaften:
Die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Schwerin und insbesondere der Generalstaatsanwaltschaft Rostock lassen eine Reihe von Kritikpunkten erkennen:
1. Fehlerhafte Sachverhaltswürdigung: Die Generalstaatsanwaltschaft übernimmt die unzutreffende Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft Schwerin, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Die eklatante Unwahrheit der Behauptung hätte durch einfache Akteneinsicht erkannt werden müssen.
2. Unzureichende rechtliche Subsumtion: Die Ausführungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Verleumdung (§ 187 StGB) und der üblen Nachrede (§ 186 StGB) sind nicht überzeugend. Insbesondere wird der für die Beurteilung der Ehrverletzung maßgebliche Verkehrskreis verkannt. Es kommt nicht auf die Wahrnehmung der „allgemeinen Öffentlichkeit“, sondern auf die der am Gerichtsverfahren Beteiligten und der mit der Rechtspflege befassten Personen an.
3. Verkennung der besonderen Umstände des Falles: Die Stellung als Rechtsvertreterin des Jobcenters und damit als Prozessgegnerin in einem laufenden Gerichtsverfahren verleiht ihren Worten besonderes Gewicht. Die Äußerung zielt erkennbar darauf ab, meine Glaubwürdigkeit zu untergraben und meine prozessuale Position zu schwächen.
4. Nichtberücksichtigung der Erwiderung: Die Generalstaatsanwaltschaft setzt sich in keiner Weise mit den in meiner Erwiderung vom 25.11.2024 vorgebrachten Argumenten auseinander, die den ehrverletzenden Charakter der Aussage der Rechtsvertreterin im Kontext des Gerichtsverfahrens detailliert darlegen.
Bedenkliche Signalwirkung:
Die Ablehnung der Ermittlungsaufnahme in diesem Fall sendet ein bedenkliches Signal aus. Sie erweckt den Eindruck, dass Amtsträger in Gerichtsverfahren möglicherweise straffrei unwahre Tatsachenbehauptungen aufstellen können, um sich einen prozessualen Vorteil zu verschaffen und die Gegenseite zu diffamieren. Dies wirft nicht nur Fragen hinsichtlich der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und der Chancengleichheit in gerichtlichen Auseinandersetzungen auf, sondern stellt auch die konsequente Ahndung der Ehrschutzdelikte in Frage.
Schlussfolgerung und Ausblick:
Die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft Schwerin und der Generalstaatsanwaltschaft Rostock werfen erhebliche Zweifel an einer konsequenten und umfassenden Rechtsanwendung in diesem Fall auf. Sie sind geeignet, das Vertrauen in die Integrität der Justiz zu beeinträchtigen.
Gegen die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Rostock wurde eine Gegendarstellung samt Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, bei dem bisherigen Auftreten der Staatsanwaltschaften im Land ist aber keine bessere Einsicht zu erwarten.
Dieser Fall ist ein ganz konkretes Beispiel, wie in diesem Staat mit zweierlei Maß gemessen wird. Wer Ministerpräsidentin Manuela Schwesig etwa als eine "Märchenerzählerin" bezeichnet, die "dummes Zeug" den Menschen verkauft und eine "Mordaktion" des Kremls unterstützt, muss eine Strafverfolgung befürchten. Doch wenn Staatsbedienstete sich herausnehmen Bürger verächtlich zu machen, passiert - wie hier gesehen - nichts! Das stellt grundsätzliche Fragen zum Umgang mit ehrverletzenden Äußerungen von Bürgern und Staatsbediensteten auf und verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und umfassenden Sachverhaltsprüfung durch die Strafverfolgungsbehörden – unabhängig von der Stellung der Beteiligten.