Vor vier Wochen hatte das Wahlkreis-Büro von Manuela Schwesig (SPD) 700 Schoko-Osterhasen mit SPD-Logo und dem Portrait der Ministerpräsidentin an Kitas in Schwerin verteilen lassen. Die Empörung war von GEW über Kita-Landeselternrat bis hin zur Opposition groß. Nicht, dass man den Kindern die Schokolade nicht gönnen würde, im Landtag beklagte lautstark und zu Recht die Opposition jedoch einen hierin liegenden Verstoß gegen die parteipolitische Neutralität an den Kindergärten. Die Brisanz liegt darin, dass Schwesig mit ihrer Verteil-Aktion kurz vor Ostern auch gegen Vorgaben ihrer eigenen Regierung verstoßen hat. Das Sozialministerium hatte bereits 2018 in einem Rundbrief an die Kommunen klargestellt, dass Wahl- und Parteienwerbung an Kindergärten im Land nichts zu suchen habe. Das gilt auch für Geschenke mit Partei-Logo.
Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) erklärte am Donnerstag in der Fragestunde des Landtags, die Rechtslage sei klar. Die Ministerpräsidentin habe einen Fehler eingeräumt. Anfangs hatte Schwesig Kritik an ihrer Verteil-Aktion allerdings als "künstliche Aufregung" zurückgewiesen.
„Hören Sie auf, unsere Intelligenz zu beleidigen. Wenn ein Parteilogo verwendet wird, merkt jeder, dass das Parteiwerbung ist.“ Mit diesen deutlichen Worten kritisierte FDP-Fraktionschef René Domke die beschwichtigenden Reaktionen der Landesregierung. Auch CDU-Abgeordneter Torsten Renz richtete an die SPD beißende Kritik: „Erst totstellen, dann beschwichtigen, dann die Diskussion unterdrücken, und dann kommt der Höhepunkt dieses wiederkehrenden Musters: Andere haben Schuld.“ Das sei „das System Schwesig“, das in diesem Lande keinen Bestand haben werde.
Die CDU, Grüne und FDP forderten eine Aktualisierung des Rundschreibens und eine Selbstverpflichtung der Landtagsfraktionen. Doch die Landesregierung blockte ab. Sozialministerin Drese sah keinen Handlungsbedarf und verwies auf die Sensibilisierung aller Beteiligten. Die "Schoko-Affäre" wirft ein Schlaglicht auf den politischen Stil von Ministerpräsidentin Schwesig und ihrer Partei. Die Empörung der Opposition ist verständlich, denn die Aktion erweckt den Eindruck, dass die SPD die Grenzen zwischen Regierungsarbeit und Parteipolitik bewusst verschwimmen lässt. Bei dem Vorfall handelt es sich um grobe politische Wettbewerbsverzerrung, da natürlich mit der Aktion eine Beeinflussung der Eltern über ihre Kinder zur anstehenden Kommunal- und Europawahl beabsichtigt war. Es bleibt abzuwarten, ob die "Osterhasen-Affäre" ein nachhaltiger Imageschaden für die Ministerpräsidentin bleibt oder ob die Wogen der Empörung bald wieder geglättet sind.
Eines ist jedoch sicher: Die Opposition wird diese Steilvorlage nicht so schnell vergessen. Der Sachverhalt reiht sich nahtlos in eine lange Reihe an gravierenden Fehltritten von Ministerpräsidentin Schwesig ein, die an ihrem Urteilsvermögen und Umgang mit berechtigter Kritik zweifeln lassen. Zur Erinnerung, Schwesig war eine der prominentesten Befürworter der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2. Trotz massiver Kritik aus dem In- und Ausland hielt sie an dem Projekt fest und verteidigte es eisern als Beitrag zur Energiesicherheit Deutschlands. Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine musste sie ihren Kurs jedoch abrupt ändern und räumte ein, sich in Putin getäuscht zu haben. Die Gründung der Klimastiftung MV im Januar 2021 war von Anfang an von Kritik begleitet. Die Stiftung, deren Zweck es offiziell war, den Bau von Nord Stream 2 zu unterstützen und gleichzeitig Klimaschutzprojekte zu fördern, wurde als undurchsichtiges Konstrukt bezeichnet, das vor allem dazu diente, US-Sanktionen gegen die Pipeline zu umgehen. Schwesig geriet massiv unter Druck, als bekannt wurde, dass die Stiftung mit 20 Millionen Euro aus russischen Quellen finanziert wurde.