Justizskandal weitet sich aus: Seylaw verliert vor dem Bundesverfassungsgericht wegen Presseauskunft zu Ribnitz-Damgarten
Gestern erschien nicht ohne Grund ein kritischer Beitrag über die fragwürdige Praxis des Bundesverfassungsgerichts, einen Großteil von Verfassungsbeschwerden durch unbegründete Nichtannahmebeschlüsse abzulehnen. Auch Seylaw scheiterte gestern in Karlsruhe an genau einem solchen nichtssagenden Beschluss, als er versuchte, eine Presseauskunft der Polizei Mecklenburg-Vorpommerns zu erstreiten. Damit bleibt das Handeln der Polizei im Fall der Gefährderansprache gegenüber einer Schülerin des Wossidlo-Gymnasiums in Ribnitz-Damgarten vorerst unaufgeklärt.
In diesem Fall musste ich mit großem Bedauern persönlich erfahren, wie die Achtung von Recht und Gesetz auf der Strecke bleibt, sobald staatliche Akteure ein bestimmtes Verfahrensziel verfolgen. Es scheint offensichtlich, dass in diesem Fall keine Aufklärung durch einen kritischen Bürger mit fundierten Rechtskenntnissen erwünscht ist. Diese Entwicklung erfüllt mich mit großer Sorge über den Zustand unseres sogenannten Rechtsstaates.
Wie in diesem Blog bereits ausführlich behandelt, hat Seylaw die Polizei Mecklenburg-Vorpommern verklagt, weil diese grundlos eine Presseauskunft verweigert hat, obwohl gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch besteht. Journalisten sind auf staatliche Informationen angewiesen, und das Bundesverfassungsgericht hat einen solchen Anspruch längst anerkannt. Das Bildungsministerium MV hatte Seylaws Fragen zwar in behördentypischer Manier beantwortet, doch das Innenministerium, zuständig für die Polizei, verweigerte plötzlich jede Auskunft – eine absurde Haltung, die das Vertrauen in die Legitimität des Staates untergräbt.
Die Verantwortung der Richter: Hüter des Rechts oder Götter in Schwarz?
Richter tragen eine immense Verantwortung, da sie die Hüter der Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit sind. Ihnen ist die Gewalt anvertraut, Urteile zu fällen, die über Schicksale entscheiden und das Vertrauen der Gesellschaft in die Justiz festigen. Doch was passiert, wenn diejenigen, die das Recht schützen sollen, es selbst brechen? Wenn Richter elementare Rechte missachten und den Bürgern den Zugang zum Recht verwehren? Wenn Richter sich nicht mehr als Diener des Gesetzes, sondern als Herrscher über das Recht verstehen und sich dem Schutz staatlicher Interessen verpflichten?
Im Verfahren gegen die Polizei sah ich mich mit einer erschütternden Realität konfrontiert. Das Verwaltungsgericht Greifswald (VG HGW), vertreten durch Richterin Thews, hatte maßgeblich auf das fehlende Impressum meines Blogs abgestellt, um den Presseanspruch zu versagen – ein Kriterium, das in der einschlägigen Rechtsprechung nicht erwähnt wird (vgl. VG München, Urteil vom 17.12.2015 - M 17 K 14.4369; VG Berlin, Beschl. v. 23.06.2017 - Az. 27 L 295.17). § 18 Abs. 1 des Medienstaatsvertrags (MStV) stellt Blogs wie Seylaw, die privaten Zwecken dienen, von der Impressumspflicht ausdrücklich frei. Und dass auch private Blogs journalistisch-redaktionelle Telemedien sein können und somit ein Presseauskunftsrecht genießen, ist längst anerkannt.
Erfüllt der Blog die journalistischen Kriterien?
Ja, und die Kriterien hierfür sind keineswegs hoch:
- Der Blog bietet eine klare thematische Ausrichtung auf „Jura, Politik, IT und mehr.“
- Die Beiträge sind nach Themen (Labels) und chronologisch geordnet, was auf eine redaktionelle Struktur hinweist.
- Die regelmäßige Veröffentlichung von Beiträgen seit 2005 zeigt Kontinuität und organisatorische Verfestigung.
- Ich bin Rechtsassessor, Spezialist im Verwaltungsrecht, war politisch aktiv und bin seit Jahren in der Open-Source-Community tätig – meine fachliche Qualifikation für die behandelten Themen steht außer Frage.
- Die Beiträge bieten juristische, politische und technische Analysen und Kommentierungen und zeigen eine klare journalistische Ausrichtung.
Dass diese Tatsachen von Richterin Thews völlig verkannt wurden, ist bereits skandalös. Hinzu kommen die erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung des Falles, die ausschließlich dem Gericht zuzuschreiben sind. Über drei Monate ließ sich das Gericht Zeit, obwohl ich auf die Eilbedürftigkeit hinwies.
Digitalisierung im Rechtswesen: Fortschritt auf dem Papier, Stillstand in der Praxis
Besonders problematisch wird es, wenn es um die Prozesskostenhilfe (PKH) geht – ein Recht, das auch weniger bemittelten Menschen den Zugang zu Gerichten ermöglichen soll. In erster Instanz wurde mir PKH anstandslos gewährt, was nur geschieht, wenn Erfolgsaussichten bestehen. In dieser Instanz hatte ich die Unterlagen per Fax eingereicht und händisch unterschrieben. In der zweiten Instanz nutzte ich die rechtssichere Möglichkeit der digitalen Gerichtskommunikation über die Plattform „Mein-Justizpostfach“. Doch das OVG Mecklenburg-Vorpommern hielt nach Ablauf der Einlegungsfrist und ohne richterlichen Hinweis weiter an der händischen Unterschrift fest. Diese Auffassung stützte das Gericht auf veraltete Entscheidungen aus den Jahren 2004 bis 2016, obwohl es seitdem wesentliche Gesetzesänderungen in § 3a VwVfG i.V.m. § 130a ZPO gegeben hat. Elektronische Einreichungen sind der klassischen Schriftform mittlerweile gleichgestellt.
Dass die Richter Sperlich, Danter, Ullrich-Jüttner und Ruhnow-Saad diese Gesetzesänderungen nicht nachvollzogen haben, zeigt nicht nur eine mangelnde Bereitschaft, sich über aktuelle Rechtsentwicklungen zu informieren, sondern auch eine Missachtung der Rechte von Bürgern, die den elektronischen Rechtsverkehr nutzen. In ihrem Beschluss auf meine Anhörungsrüge bekräftigten die Richter diese Ansicht, was in meinen Augen auf vorsätzliches Handeln schließen lässt und den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllt.
Ignoranz als Methode: Was geschieht politisch im Land?
Als wäre das als Aufregung nicht bereits genug, setzte das OVG Mecklenburg-Vorpommern dem Ganzen aber noch die Krone auf, indem es den Anordnungsgrund willkürlich verneinte. Es verwarf den Eilantrag mit der Begründung, die Europa- und Kommunalwahlen seien bereits vorbei. Dabei ignorierte das Gericht, dass zum Zeitpunkt des Vorbringens des Arguments für den Antrag in erster Instanz die Wahlen noch bevorstanden, und dass die Verzögerungen allein dem Verwaltungsgericht Greifswald anzulasten sind. Dass diese Verzögerungen letztlich der Polizei zugutekamen und dann vom OVG genutzt wurden, um mir die Dringlichkeit abzusprechen, ist bezeichnend.
Doch nicht nur das: Die anhaltende gesellschaftliche Relevanz des Themas – die polizeiliche Gefährderansprache einer minderjährigen Schülerin wegen politischer Äußerungen – wurde einfach ausgeblendet. Das öffentliche Interesse an der Aufklärung solcher Maßnahmen ist enorm, insbesondere im Hinblick auf die Grenzen staatlicher Eingriffe in die Meinungsfreiheit und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Der Amtsermittlungsgrundsatz hätte dem Gericht bekannt sein müssen. Dieser gebietet auch einen Blick über den juristischen Tellerrand hinaus auf die gegenwärtigen politischen Debatten im Land. Dort ist auch weiterhin eine Tendenz zu beobachten, die Medien- und Pressefreiheit einzuschränken, wie jüngst das Verbot des Compact-Magazins durch das Bundesinnenministerium zeigt, welches zwischenzeitlich nur aufgrund eines Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vorläufig außer Kraft gesetzt wurde. Renommierte Staatsrechtler bewerteten dieses Vorgehen höchst kritisch (vgl. Welt, "Verbot von Compact-Magazin: 'Heikel, dass eine Regierung ein regierungskritisches Pressemedium verbietet'", 10.07.2024).
Diese Entwicklungen stehen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Geschehen am Wossidlo-Gymnasium in Ribnitz-Damgarten, da auch dort die vermeintliche Verbreitung von "Hass und Hetze" ein Anhaltspunkt für das Tätigwerden der Polizei war. Die Begriffswendung ist dabei so konturlos, dass sie staatlicher Willkür Vorschub leisten könnte, um unbequeme Meinungsäußerungen zu unterdrücken und Minderjährige durch Polizeieinsätze aufgrund in ihrer Freizeit geäußerten Meinungsäußerungen zu stigmatisieren drohen.
Das Bundesverfassungsgericht: Letzte Bastion oder Bollwerk der Ignoranz?
Wenn die unteren Instanzen versagen, bleibt der Gang zum Bundesverfassungsgericht. Doch was, wenn auch diese Instanz ihrer Verantwortung nicht gerecht wird? Meine Verfassungsbeschwerde wurde ohne Begründung durch die Richter Harbarth, Härtel und Eifert nicht zur Entscheidung angenommen – ein beunruhigendes Zeichen für die mangelnde Bereitschaft, Grundrechtsverletzungen zu überprüfen. Eine Verfassungsbeschwerde darf nur dann abgelehnt werden, wenn keine Grundrechtsverletzung vorliegt. Da in meinem Fall objektiv mehrere Grundrechtsverletzungen bestehen, stellt sich die Frage: Hat das Bundesverfassungsgericht das Recht gebrochen? Für mich ist diese Antwort eindeutig, weshalb ich am gestrigen Tag gegen sämtliche genannten Richter Anzeige wegen Rechtsbeugung erhoben habe.
Fazit: Der schleichende Verfall des Rechtsstaates
Die Missachtung verfassungsmäßiger Rechte, das Verharren in überholten Ansichten und die willkürliche Ablehnung objektiv bestehender Ansprüche führen unweigerlich zu einem schleichenden Verfall des Rechtsstaates. Ein Staat, der seine Bürger nicht mehr neutral und gleich behandelt, verliert seinen Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit.
Die Justiz darf sich nicht über das Recht erheben. Sie ist der Garant für Gerechtigkeit und an die Verfassung gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Doch was geschieht, wenn Richter ihrer Verantwortung nicht mehr nachkommen? Es bleibt die dringliche Frage: Ist dieser Rechtsstaat noch intakt? Wie ich am eigenen Leib nun mehrfach erfahren habe, bin ich davon nicht länger überzeugt.