Direkt zum Hauptbereich

Jung und Machthungrig

"Jung und machthungrig sucht Job im Parlament." Nein, nicht die heute stattfindenden Fachschaftsrats- und Senatswahlen an der Universität Freiburg sind gemeint! Sondern die einflussreichste staatliche Institution: die Legislative.

Im April hat das oberste Organ der regierenden Partei "Vereinigtes Russland" ein Quorum eingeführt, wonach auf Bundes- als auf Regionalebene 20% aller Kandidaten der Parteiliste in zukünftigen Wahlen mit 21 bis 28-jährigen Kandidaten besetzt werden muss.

"Es ist das erste Mal in der russischen Geschichte, dass eine Partei die Entscheidung getroffen hat die reale Macht zu teilen," sagt Ivan Demidov, ein ranghoher Offizieller des Jugendflügels der Partei. "Dies ist der erste tatsächliche Schritt, um die Staatselite zu erneuern."

Von Kritikern wird Demidov als Showman abgetan, der sich an die Spitze einer modernen Marketingmaschinerie gestellt hat, die den jungen Menschen Russlands die Politik schmackhaft machen soll.

Jedoch ist der konsequente Schritt zu begrüßen, mitdem das Vorhaben in Russland umgesetzt werden soll. Die Probleme Jugendliche für die gewachsenen parteipolitischen Strukturen zu gewinnen sind auch in Deutschland offensichtlich, wenn man sich beispielsweise nur die Altersstruktur der Großparteien anguckt. Das Durchschnittsalter der Parteimitglieder beträgt bei der CDU 55,3 Jahre, das "Jugendproblem" ist bei der SPD sogar noch gravierender.

Nach eigens erlebten Erfahrungen fällt es den verantwortlichen Parteioberen schwer Jüngeren wirklich Verantwortung - sprich Positionen mit Machteinfluss - zu übertragen. Die Entscheidungsprozesse wirken diffus und sind entschieden zu lang. Mit Aktionen wie z.B. "Black is Beautiful" der Jungen Union mag man mehr oder weniger Aufmerksamkeit schaffen. Wirkungsvolle Politikbeteiligung lässt sich jedoch nicht durch Marketingmaßnahmen und Partyveranstaltungen erreichen!

Das Jugendquorum mag eine wünschenswerte Maßnahme darstellen, doch zunächst muss die Bereitschaft da sein, Macht auch wirklich an die jungen Engagierten abgeben zu wollen. Und gerade hier entscheidet letztlich das Machtspiel um die Verteilung der Listenplätze. Denn nichts ist demotivierender als an den Prozessen konstruktiv mitarbeiten zu wollen, es jedoch mangels Position effektiv nicht zu können.

Sofern es genügend ältere Kandidaten gibt, werden es die jüngeren schwer haben sich gegen jene Konkurrenten durchzusetzen. Wenn es sich jedoch rumsprechen sollte mit Einsatz von Leistung auch schnell an die richtige Position zu gelangen, dürften auch nicht mehr nur partyhungrige Karteileichen gewonnen werden, sondern die Parteiarbeit für fähige und engagierte junge Menschen deutlich attraktiver werden.

Links: Washington Post

Beliebte Posts aus diesem Blog

Jetzt erst recht: Deutschland braucht moderne Atomkraftwerke

Ein schwarzer Tag für Deutschland: An diesem Tag werden die letzten Kernreaktoren der 2. Generation abgeschaltet. Es ist ein viel beachteter Moment, der gemischte Reaktionen hervorruft. Während die Anti-AKW-Bewegung seit den 70er-Jahren auf diesen Tag hingearbeitet hat und jubelt , betonen andere, zu denen ich gehöre , die 300 Mrd. kWh CO2-armen und günstigen Strom, die sie im Laufe ihrer vielen Jahrzehnte in Deutschland produziert haben und hielten es für vernünftiger, wären wir heute aus der Kohlekraft ausgestiegen und behielten die Kernenergie um mindestens zwei Dekaden weiter und nicht umgekehrt. Für sie bedeutet dieser Tag einen zivilisatorischen Rückschritt zu Lasten des Landes. Die Grundlast wird von nun an entweder durch importierten Strom aus dem Ausland, oder eben von Gas und Kohle bereit gestellt werden müssen, die deutlich mehr CO2 ausstoßen. Und aufgrund des Ukraine-Krieges war insbesondere der Bezug von Gas zuletzt ein teures Unterfangen, das die Bürger mit signifikanten ...

Amtsschimmel - Folge 4 (Fortsetzung 3) - Die Generalstaatsanwaltschaft steckt den Kopf in den Sand

Wenn es um das Sühnen staatlichen Unrechts geht, ist in der Regel auf eines Verlass: Auf eine groteske Verweigerungshaltung anderer staatlicher Stellen dies anzuerkennen und in der Folge auch zu ahnden. Wer den Ausgangsfall verpasst hat, sollte unbedingt sich zuvor den Beitrag hier noch einmal anschauen. Widmen wir uns heute dem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Rostock vom 10. Januar 2024 (Az.: 2 Zs 724/23), der inhaltlich bedauerlicherweise wieder einer Arbeitsverweigerung gleich kommt. Immerhin stellt man sich dabei leicht intelligenter an als  noch die Staatsanwaltschaft Schwerin , wenn auch im Ergebnis ohne Substanz: Lieber Kollege Henkelmann , haben Sie wirklich über die Jahre alles vergessen, was Sie einmal im Staatsrecht gehört haben sollten? So grundlegende Dinge, wie die Bindung aller staatlicher Gewalt an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) oder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)?! Fühlen Sie sich auch noch gut dabei, wenn Sie tatkräftig dabei mithelfen, da...

Linux Gaming Tweaks - A small guide to unlock more performance (1)

My personal journey to unlock more performance on Linux - Part 1: Introduction This is the start of a new series dedicated to the Linux Gaming community. This is a bit of an oddball in my blog as most of my other blog posts are written for a German audience and cover my other two passions: politics and the law. Nonetheless, PC gaming is a hobby for me since I was six years old, playing games on a Schneider 386 SX. Wow, times ran fast. As I've learned quite a lot about Linux during the last couple of years, switching between several distributions, learning about compilers and optimizing parts of a Linux distribution for a greater gaming experience, I was asked recently on the Phoronix Forums to share some of my findings publicly, and I am very glad to do so with a global audience. But keep in mind, I am neither a software nor a hardware engineer - I am a law professional who is passionate about computers. I digged deep into the documentation and compiled a lot of code, breaking my s...