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Kontaktschuld und Cancel-Culture: Zum erfolgreichen Distanzierungsantrag gegen Vosgerau

Es ist wahrlich eine Tragödie, was aus der einst stolzen und konservativ geprägten Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer (VDStRL) geworden ist. Einst ein Bollwerk des Rechts und der Vernunft, ein Verein, der sich dem Schutz und der Verteidigung unserer Verfassungsordnung verpflichtet sah, ist sie nun zu einem willfährigen Instrument links-grüner Ideologen verkommen, welches dem politischen Zeitgeist huldigt. Die jüngste Distanzierung von Professor Ulrich Vosgerau markiert den bislang tiefsten Punkt in deren fortschreitenden Niedergang.*


Der "Feind" in den eigenen Reihen

Früher wurden in der VDStRL große Namen des öffentlichen Rechts gefeiert, Männer und Frauen, die trotz ihrer Vergangenheit in schwierigen Zeiten Verantwortung übernommen haben. Man hatte verstanden, dass der Rechtsstaat von Erfahrung und kluger Führung lebt. Doch mit der Aufnahme von Volker Neumann im Jahr 1992, der während der Studentenproteste 1968 als Vertreter der Basisgruppe Jura den konservativen Professor Hans Schneider am Betreten eines Hörsaals gehindert hatte, begann der fatale Wandel. Anstelle von juristischer Brillanz und traditioneller Wertebewahrung setzte man fortan auf das Diktat der politischen Korrektheit. Und heute? Heute dürfen die eifrigen Kämpfer im "Kampf gegen Rechts" triumphieren, während ein Mann wie Ulrich Vosgerau an den Pranger gestellt wird. Zwar konnte man diesem keinen groben Verstoß gegen die Vereinsinteressen laut Vereinsvorstand Nettesheim nachweisen, so dass ein zunächst beabsichtigter Ausschluss verworfen wurde. Doch hatte der abgeschwächte Distanzierungsantrag auf der 83. Jahrestagung vom 9. bis 11. Oktober 2024 Erfolg mit 132 zu 73 Stimmen, bei 23 Enthaltungen, wie LTO mit Verweis auf table media meldete.

Besonders markant wird die ganze Lächerlichkeit dieser Situation durch die unverblümten Worte von Vosgeraus Anwalt, Carsten Brennecke. Er trifft den Kern, wenn er sagt: "Es ist erschreckend festzustellen, wie hier eine juristische Fachgesellschaft auf dem Niveau eines Taubenzüchtervereins herumdilettiert." Denn was hier als "Distanzierung" getarnt wird, ist in Wahrheit nichts anderes als die Kapitulation vor einem politischen Kampf, der in die wissenschaftliche Sphäre getragen wird. Eine Fachgesellschaft, die sich dem Zeitgeist und einer bestimmten politischen Richtung anbiedert, hat sich von der Möglichkeit verabschiedet, ihre Entscheidungen autonom und souverän zu treffen. Dass er es wagen musste, diese ehemals angesehene Gesellschaft mit einem Taubenzüchterverein zu vergleichen, zeigt doch auf erschreckende Weise, wie tief der Verfall reicht. Tatsächlich muss man sich fragen, was die Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer heutzutage eigentlich noch ist. Ein Forum der Wissenschaft? Sicherlich nicht mehr. Ein Ort der Meinungsfreiheit? Wohl kaum.

Die Entscheidung, sich von einem ihrer Mitglieder zu distanzieren, geschieht aus dem Diktat ideologischer Imperative, die in die wissenschaftliche Sphäre eingedrungen sind. Nimmt man hier gar bewusst Anleihen an die Lehren von Carl Schmitt? Denn dieser lehrte, dass die Essenz des Politischen in der Unterscheidung von Freund und Feind besteht. Nach dieser Lesart steht Vosgerau im Lager des Feindes, der bekämpft werden muss.

Aus den Lehren von Carl Schmitt ließen sich in diesem Fall auch ganz andere Schlüsse ziehen, und zwar den Verfall der Souveränität in der Wissenschaft. Die VDStRL hat aufgehört, Souverän zu sein, weil sie nicht mehr in der Lage ist, selbst zu entscheiden. Sie hat die Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Politik aufgegeben, indem sie den Forderungen nach politischer Korrektheit nachgibt, anstatt an den Grundsätzen der Wissenschaftsfreiheit festzuhalten. Was bleibt, ist ein armseliges Schauspiel und ein Verein, der von seiner einstigen Bedeutung nur noch träumen kann.

Kern der Ausgrenzkampagne gegen Ulrich Vosgerau: Eine Abrechnung mit dem Konservatismus

Doch was ist der eigentliche Grund für die Hexenjagd auf Vosgerau? Hat er Gesetze gebrochen? Nein. Stattdessen beruht der Antrag auf der Tatsache, dass Vosgerau - ein CDU-Mitglied - gewagt hat, an einem Treffen teilzunehmen, bei dem auch unliebsame Personen anwesend waren und Meinungen vertreten wurden. Es ist, wie er selbst treffend sagt, der Versuch, den "Kampf gegen Rechts" nun auch in diese Vereinigung zu tragen. Was man ihm wirklich zum Vorwurf macht, ist nicht, was er getan hat, sondern was er denkt. Seine Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik (er prägte hierfür die Wendung "Herrschaft des Unrechts"), seine Verteidigung von Björn Höcke, seine Nähe zur AfD – all das sind in den Augen der selbsternannten Moralwächter unverzeihliche Vergehen. Mit diesem Antrag sollte ein Zeichen gesetzt, sein öffentliches Ansehen beschädigt und seine öffentliche Wirkkraft marginalisiert werden.

Es ist erschreckend, wie weit die einstigen Verfechter der Freiheit gekommen sind. Heute sind es dieselben Menschen, die sich auf die Fahnen geschrieben haben, die Demokratie zu schützen, die nun jede Abweichung von ihrer politischen Linie unterbinden wollen. Mit jedem weiteren Schritt in diese Richtung droht die VDStRL von einer wissenschaftlichen Vereinigung zu einem Tribunal für Abweichler zu verkommen, einem Ort, an dem ideologische Reinheit wichtiger ist als intellektuelle Freiheit.

Die Stunde der Selbstzerfleischung?

Man mag sich fragen, wie lange diese Farce noch weitergehen wird. Die Kampagne gegen Vosgerau ist nur der Anfang. Bald werden womöglich weitere Staatsrechtler, die nicht blind dem Zeitgeist folgen, sich der gleichen Behandlung ausgesetzt sehen (etwa Dietrich Murswiek oder Michael Elicker). Wer nicht in das Narrativ passt, droht die Distanz. Wer es wagt, sich den selbstgerechten Eliten entgegenzustellen, wird gebrandmarkt.

Vosgerau hat bereits angekündigt, gegen dieses politische Schauspiel juristisch vorzugehen, und man kann nur hoffen, dass der Rechtsstaat ihn nicht im Stich lässt. Was bleibt, ist die Frage, wie lange die Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer noch bei solchem Handeln existieren kann, bevor sie endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

Quelle: LTO

* Der Autor Marcus Seyfarth, LL.M. war selbst bis Januar 2020 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insb. deutsches und europäisches Verwaltungsrecht von Prof. Ulrich Stelkens an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer tätig und daneben bis 2020 im Umfeld der Union politisch aktiv. 

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