Direkt zum Hauptbereich

Hefendehl-Skandal

Um eins gleich vorweg zu nehmen: Ich war nicht in der Vorlesung dabei! Nach Kenntnisnahme der Pressemitteilung des RCDS und der Gegendarstellung von Prof. Hefendehl, meine ich aber doch mir ein eigenes Bild darüber machen zu können.

Ich bin ein Kind der DDR, bin in Mecklenburg geboren und aufgewachsen. Mein Vater bekam während des Studiums auch drei Stasi-Agenten auf sich angesetzt. Weiß also, dass mit diesem Regime nicht zu spaßen war. Potenziell jeder konnte in das Schussfeld der staatlichen Überwachung gelangen. Man musste daher ständig nach außen den Unauffälligen mimen. Insofern haben die vielen Komödien über die DDR vielleicht doch ein vollkommen falsches Bild vermittelt. Von der Atmosphäre her kommt "Das Leben der Anderen" dagegen viel deutlicher heran.

Wenn sich also nun ein Freiburger Strafrechtsprofessor hinstellt, um gesetzgeberische Entscheidungen der letzten Jahre damit anzugreifen, indem er in seiner Vorlesung provozierend mit einer DDR-Jacke samt Hammer, Zirkel und Ehrenkranz erscheint, halte ich das zumindest für äußerst fragwürdig. Wenn er das privat tragen würde, wäre das alles kein Thema. Aber in seiner Funktion als Lehrstuhlinhaber bekommt es dann doch einen fadigen Beigeschmack. Die BRD ist mit ihrer liberalen Grundordnung gar nicht mit der DDR vergleichbar. Rechtsstaatliche Mittel gegenüber hoheitliche Handlungen existierten in der DDR praktisch nie. Im heutigen Deutschland wäre es undenkbar, nicht auch hoheitliche Akte vor den Gerichten anfechten zu können. Wir sind also trotz der verschärften Gesetzgebung im vereinten Deutschland noch meilenweit davon entfernt zu einem neuen Stasi-Staat zu werden.

Gerade ein Rechtsprofessor sollte diese Zusammenhänge eigentlich verstehen. Indessen verwundert es mich nicht, dass er damit Gefühle verletzt hat. Den Unrechtsstaat für seine eigenen Ziele zu instrumentalisieren, verhöhnt letztlich die, die unter dem System gelitten haben. Statt zu provozieren hätte Prof. Hefendehl auch taktvollere Mittel einsetzen können, um aufzuzeigen worum es ihn ging. So aber muss er mit der Kritik leben, die er hervorgerufen hat und darf sich über den lauten Einspruch auch nicht beklagen. Seiner ersten Reaktion war dann auch eine erste halbherzige Entschuldigung für aufkommende Missverständnisse zu entnehmen. Echtes Verständnis hört sich jedoch anders an. Von einem, der sich mit den Feinheiten der juristischen Sprache täglich beschäftigt, dürfte man ein wenig mehr Feingefühl erwarten.

Update: Der Spiegel berichtet heute ebenfalls über das Thema. Auch die Badische Zeitung hatte gestern bereits einen Artikel veröffentlicht.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Linux Gaming Tweaks - A small guide to unlock more performance (1)

My personal journey to unlock more performance on Linux - Part 1: Introduction This is the start of a new series dedicated to the Linux Gaming community. This is a bit of an oddball in my blog as most of my other blog posts are written for a German audience and cover my other two passions: politics and the law. Nonetheless, PC gaming is a hobby for me since I was six years old, playing games on a Schneider 386 SX. Wow, times ran fast. As I've learned quite a lot about Linux during the last couple of years, switching between several distributions, learning about compilers and optimizing parts of a Linux distribution for a greater gaming experience, I was asked recently on the Phoronix Forums to share some of my findings publicly, and I am very glad to do so with a global audience. But keep in mind, I am neither a software nor a hardware engineer - I am a law professional who is passionate about computers. I digged deep into the documentation and compiled a lot of code, breaking my s...

Amtsschimmel - Folge 4 (Fortsetzung 3) - Die Generalstaatsanwaltschaft steckt den Kopf in den Sand

Wenn es um das Sühnen staatlichen Unrechts geht, ist in der Regel auf eines Verlass: Auf eine groteske Verweigerungshaltung anderer staatlicher Stellen dies anzuerkennen und in der Folge auch zu ahnden. Wer den Ausgangsfall verpasst hat, sollte unbedingt sich zuvor den Beitrag hier noch einmal anschauen. Widmen wir uns heute dem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Rostock vom 10. Januar 2024 (Az.: 2 Zs 724/23), der inhaltlich bedauerlicherweise wieder einer Arbeitsverweigerung gleich kommt. Immerhin stellt man sich dabei leicht intelligenter an als  noch die Staatsanwaltschaft Schwerin , wenn auch im Ergebnis ohne Substanz: Lieber Kollege Henkelmann , haben Sie wirklich über die Jahre alles vergessen, was Sie einmal im Staatsrecht gehört haben sollten? So grundlegende Dinge, wie die Bindung aller staatlicher Gewalt an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) oder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)?! Fühlen Sie sich auch noch gut dabei, wenn Sie tatkräftig dabei mithelfen, da...

Reformbaustelle Deutschland - Teil 2: Stärkerer Schutz des Bürgers gegen Amtsmissbrauch

I. Einleitung Nachdem im ersten Teil der Serie "Reformbaustelle Deutschland" die richterliche Unabhängigkeit und Integrität im Vordergrund stand, widmet sich der zweite Teil dem Schutz des Bürgers gegen willkürliches Verwaltungshandeln. In einer Zeit, in der das Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen zunehmend auf die Probe gestellt wird , möchte ich zum Schutz der Bürger vor staatlicher Willkür einen Vorschlag zur rechtspolitischen Debatte stellen: Die Einführung eines § 339a in das Strafgesetzbuch (StGB), der den Tatbestand des Amtsmissbrauchs kodifizieren würde. Dieser Gedankenanstoß wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die Bedeutung der Integrität im öffentlichen Dienst, sondern eröffnet auch eine Reihe faszinierender juristischer Fragestellungen. Der vorliegende Aufsatz widmet sich einer umfassenden Analyse dieses hypothetischen Straftatbestands. Wir werden die möglichen Gründe für seine Einführung ergründen, potenzielle Tatbestandsmerkmale sezieren und seine m...