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Die "Welt" wagt Musk - und erntet Sturm im Wasserglas

Deutschland, so scheint es, leidet an einer chronischen Debatten-Phobie. Erst recht, wenn Kritik am politischen Establishment geübt wird, die die Alternative für Deutschland als geschickter Mahner der Verfehlungen der übrigen Parteien zu ihren Gunsten zu nutzen weiß. Ganz so, wie es die Aufgabe der gesamten Opposition in unserem politischen System wäre. 

Vor allem bei der CDU/CSU als größter Oppositionspartei fällt dieser Tage auf, wie kleinlaut sie in diesen Wahlkampf gestartet ist. Einen Kurswechsel in wichtigen Politikfeldern lässt ihr Auftreten vermissen. Man könnte wohl einem künftigen potentiellen Koalitionspartner - entweder die SPD oder Bündnis 90/Die Grünen - zu sehr auf die Füße treten, man will sich alle Optionen offen halten. Der Wähler kommt sich hingegen hinters Licht geführt vor: Hat er nicht noch ein mächtiges Wörtchen mitzureden? Doch die etablierten Parteien benehmen sich so, als stünde das Ergebnis bereits fest. Ob Friedrich Merz oder Rolf Mützenich, sie führen sich schon jetzt auf, als seien sie in vorgezogene Koalitionsverhandlungen eingetreten.

Der jüngste Aufschrei um den Gastbeitrag von Elon Musk in der "Welt" hat etwas Belebendes. Er ist ein politischer Weckruf, noch dazu von einem unternehmerisch erfolgreichen US-Milliardär. Einem politischen Outsider, der sich dennoch Gehör verschaffen möchte. Und das ist ihm gelungen!

Dabei hat die "Welt" nichts weiter getan, als das zu tun, was guten Journalismus ausmacht: Sie hat eine kontroverse Stimme zu Wort kommen lassen. Musk, der sich in der Vergangenheit bereits positiv zur AfD geäußert hatte, erläutert in seinem Beitrag seine Beweggründe. Und diese sind, man mag sie teilen oder nicht, alles andere als oberflächlich.

Der Tech-Mogul kritisiert die erdrückende Bürokratie, die die deutsche Wirtschaft lähmt, die unkontrollierte Einwanderungspolitik, die zu sozialen Spannungen führt, und die verfehlte Energiepolitik, die Deutschland in eine gefährliche Abhängigkeit treibt. Er lobt die AfD für ihren Fokus auf wirtschaftliche Freiheit, eine kontrollierte Zuwanderung und eine realistische Energiepolitik. Er nennt sie eine Partei, die kritisch hinterfragt und nicht nur in politisch korrekten Phrasen operiert.

Musks Argumente sind pointiert, sie sind provokant, und ja, sie sind auch streitbar. Aber genau das ist der Punkt. In einer gesunden Demokratie müssen wir in der Lage sein, auch kontroverse Meinungen zu hören, zu diskutieren und zu kritisieren, ohne dass sofort der Vorwurf des "Rechtsextremismus" oder gar der "Nazi-Nähe" erhoben wird.

Die Reaktion auf den Musk-Beitrag zeigt jedoch, wie weit wir von diesem Ideal entfernt sind. Die "Welt" sieht sich einem Shitstorm ausgesetzt, die Chefin des Meinungsressorts wirft hin, und in den sozialen Medien wird das Blatt als Sprachrohr der AfD diffamiert. All das, weil eine Zeitung es gewagt hat, die Perspektive des Milliardärs zu präsentieren.

Der Vorwurf, es handle sich um "als Gastbeitrag getarnte Wahlwerbung für die AfD", ist absurd. Hätte Musk einen flammenden Appell für die Grünen in der "taz" veröffentlicht, wäre der Aufschrei wohl ausgeblieben. Hier zeigt sich eine Doppelmoral, die der Debattenkultur in Deutschland massiv schadet.

Es geht hier nicht darum, die AfD zu verteidigen oder Musks Thesen unkritisch zu übernehmen. Es geht darum, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen, auch wenn diese Meinung unbequem ist. Es geht darum, den Mut zu haben, zuzuhören, zu hinterfragen und zu argumentieren, anstatt sofort zu verurteilen, zu zensieren oder mit politischen Kampfbegriffen den Anderen zu diskreditieren.

Die "Welt" hat mit der Veröffentlichung des Musk-Beitrags einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Sie hat gezeigt, dass sie den Mut hat, die Grenzen des Sagbaren auszuloten und eine echte Debatte anzustoßen. Ob der neue Chefredakteur diesen Kurs fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Die aktuelle Affäre ist für ihn zweifellos eine Feuertaufe.

Wir brauchen mehr Mut in der etablierten deutschen Medienlandschaft, mehr Mut zur Kontroverse, mehr Mut zur Debatte. Nur so können wir der Mittelmäßigkeit entkommen und den Weg für mutige Veränderungen ebnen. Denn eines ist sicher: Wer immer nur das Gleiche sagt und hört, wird auch immer nur das Gleiche denken. Und das ist der sicherste Weg in die Stagnation. Nicht umsonst florieren dieser Tage alternative Medien auf Youtube und in den Sozialen Medien. Diese stellen eine lebendigere Gegenöffentlichkeit mit einem viel breiterem Meinungsspektrum dar. Sie sprechen immer mehr Leute an. Auch diese Entwicklung sollte man in den deutschen Medien stärker zur Kenntnis nehmen. Ihr Einfluss wird weiter schwinden, wenn sie weiter die Ursachen dieser Entwicklung ignorieren.

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