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Zum Versagen des Westens einen Krieg in der Ukraine zu verhindern

Russland startete in der vergangenen Nacht einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Mit Raketenbeschuss und Luftangriffen wurden die ukrainische Luftabwehr sowie Flugplätze und Radaranlagen angegriffen. Vor Wochen warnten bereits die USA, welche durch Geheimdienstinformationen von einem wahrscheinlichen Angriff wussten und dies der Weltöffentlichkeit offenbarten.

Doch bereits seit 2014 befinden sich russische Streitkräfte auf ukrainischem Territorium ("kleine grüne Männchen"), damit stand das Szenario einer weiteren Eskalation bereits seit Jahren im Raum und hatte mich in jenem Jahr in einem Beitrag für das leider mittlerweile offline gegangene Militär-Blog Offiziere.ch für eine resolutere Strategie ausgesprochen. Putins Ambitionen Russland zu einem mächtigen Akteur auf der Weltbühne wiederauferstehen zu lassen, mit dem Glanz und Schrecken der Sowjetunion, hatte ein aggressives Vorgehen früher oder später angekündigt. Der Westen hat derweil sich auf das Minsker Abkommen und eine Politik der Beschwichtigung verlassen, dabei war das Abkommen ein brüchiges Gebilde, das durch zahlreiche Verletzungen die weitere Eskalation nur hinauszögerte. Es wurde nunmehr vom russischen Präsidenten für nichtig erklärt, ganz wie Hitler diplomatische Abkommen schloss und brach, ganz wann und wie es ihm beliebte.

Hätte es einen solchen Angriff gegeben, wenn die USA Militärstützpunkte oder die Ukraine Mitglied in der NATO gewesen wäre?! Dies darf stark bezweifelt werden, denn das wäre defacto eine Kriegserklärung dem Westen gegenüber gewesen. Die diplomatischen Manöver der Russen, etwa die Bedrohungsrhetorik vor der NATO-Osterweiterung, dienten erkennbar dem Zweck das westliche Bedrohungspotenzial zu minimieren, um ungestört in der Ukraine freie Hand zu haben. Sich allein auf Wirtschaftssanktionen zu beschränken dürfte der größte Fehler des Westens gewesen sein, vielmehr hätte es auch einer glaubwürdigen militärische Abschreckung bedurft, welche die Russen in ihrer Kalkulation über Krieg und Frieden beeinflusst hätte.

Viel zu befürchten hatte Russland vom Westen derweil nicht, zumindest in den Augen der russischen Führung. Das Land hat sich auf Wirtschaftssanktionen vorbereitet, US-Präsident Biden schloss kategorisch den Einsatz von US-Truppen auf dem Territorium der Ukraine aus. Die Bereitschaft der Amerikaner sich weit entfernt von ihrer Heimat militärisch zu engagieren ist nach den Kriegen im Irak und Afghanistan deutlich geschwächt. Auch die Bundeswehr ist nach Jahrzehnten des Kapputtsparens schwach aufgestellt, die europäischen NATO-Partnern stehen nicht viel besser da. Der Inspekteur des Heeres räumte ein, die Bundeswehr stehe "mehr oder weniger blank dar". Das ist ein peinliches Eingeständnis, dass für eine "wertebasierte" Außenpolitik - eine, die die Freiheit und den Frieden Europas sichern helfen soll - anscheinend keinerlei Mittel zur Verfügung stehen, um einen entschlossenen Aggressor militärisch abzuschrecken. Das muss sich ändern, wenn man nicht nur in Sonntagsreden bereit sein möchte für die Freiheit und Selbstbestimmung des Kontinents einzutreten.

Die russische Aggression muss ein Weckruf sein, für Deutschland, Europa und die Welt. Derweil scheint das Schicksal der Ukraine besiegelt zu sein, mit einem beherzteren und entschlossenerem Handeln des Westens wäre das Ergebnis verhinderbar gewesen.

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