Werner Beulke: Strafprozessrecht, 13. Aufl. 2016, 23,99 €
Die heutige Rezension behandelt einen Klassiker zum Strafprozessrecht: Das Werk von Werner Beulke. In erster Linie ist es ein vorlesungsbegleitendes Lehrbuch für die Erste Juristische Prüfung. Es kann aber auch für Referendare von Gewinn sein, die zuvor im Studium größere Lücken gelassen haben und einen Blick auf das große Ganze benötigen, bevor man sich in die Details des Referendariats einarbeitet (für die Staatsanwaltsklausur siehe etwa die Rezension zu Dinter/Jakob).
Inhaltlich werden folgende Schwerpunkte behandelt:
- die allgemeinen Verfahrensgrundsätze
- der Gerichtsaufbau
- die Verfahrensbeteiligten
- die Grundzüge des Ermittlungsverfahrens
- das erstinstanzliche Hauptverfahren mit Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
- die Wirkung gerichtlicher Entscheidungen
- die Arten der Rechtsbehelfe
Die Bezüge zur EMRK und dem EU- bzw. Völkerrecht werden ebenso hergestellt. Auch findet sich ein Kapitel zur Revision, hierzu sei jedoch das zuletzt rezensierte speziellere Werk von Russack empfohlen.
Mit ca. 430 Seiten ist der Umfang nicht gerade wenig, doch gefällt die schnörkellose, klare Sprache, die auch die anderen Werke des Autors so beliebt bei Jurastudenten gemacht hat.
Kenner seiner Werke werden sich in einem "vertrauten Umfeld" wieder finden. Wichtige Kernaussagen bzw. Stichworte werden mit Fettschrift aus dem Fließtext hervor gehoben. Exkurse und Vertiefungen werden mit kleinerer Schriftart im Fließtext kenntlich gemacht. Übersichten, Schemata und eingestreute Fälle runden das didaktische Konzept ab und helfen beim Verstehen des Stoffes.
So weit, so gut. Größter Kritikpunkt für Referendare ist jedoch, dass Beulke zuweilen nicht der Rechtsprechung oder herrschenden Auffassung folgt. Das wäre nicht weiter problematisch, würde er dies überall auch kenntlich machen. Das geschieht zwar bei vielen streitigen Fragen, aber leider nicht immer: Als Beispiel soll hier nur die Ablehnung des Staatsanwaltes herhalten (Rn. 92 ff.). Beulke vertritt hier eine eingeschränkte Analogie zu den §§ 22 ff. StPO, die vom Wortlaut her nur für die Ablehnung von Richtern, Schöffen (§ 31 I StPO) und Sachverständigen (§ 74 StPO) gelten. Wer ein Blick in den Meyer-Goßner, vor § 22, Rn. 3 ff. wirft, wird mit Verwunderung feststellen, dass die dort bezeichnete herrschende Meinung eine solche Analogie explizit ablehnt. Davon findet man bei Beulke jedoch kein Wort, er verweist lediglich auf andere dogmatische Herleitungen jenes Ergebnisses, die sich in der Praxis wohl aber nicht durchsetzen konnten.
Schade! Da gerade die Zweite Juristische Prüfung nicht der Ort ist, um wissenschaftliche Gefechte auszutragen, lebt der Referendar gefährlich, der hier unkritisch sich zu stark von Beulke beeinflussen lässt. Denn die Korrektoren sind zumeist Praktiker, deren Toleranz für akademische Gegenpositionen nicht als gegeben angenommen werden darf.
Fazit: Mit dem Beulke erhält man ein solides, gut geschriebenes und aktuelles Werk zum Strafprozessrecht an die Hand. Es ist bedauerlich, dass er nicht zu allen strittigen Punkten auch den juristischen Mainstream darstellt. Der Nutzwert für Referendare ist damit nicht unerheblich gemindert, aber wer sich nicht scheut ihn mit dem Meyer-Goßner kritisch zu hinterfragen, erhält einen guten Überblick über das Rechtsgebiet vermittelt.
Die heutige Rezension behandelt einen Klassiker zum Strafprozessrecht: Das Werk von Werner Beulke. In erster Linie ist es ein vorlesungsbegleitendes Lehrbuch für die Erste Juristische Prüfung. Es kann aber auch für Referendare von Gewinn sein, die zuvor im Studium größere Lücken gelassen haben und einen Blick auf das große Ganze benötigen, bevor man sich in die Details des Referendariats einarbeitet (für die Staatsanwaltsklausur siehe etwa die Rezension zu Dinter/Jakob).
Inhaltlich werden folgende Schwerpunkte behandelt:
- die allgemeinen Verfahrensgrundsätze
- der Gerichtsaufbau
- die Verfahrensbeteiligten
- die Grundzüge des Ermittlungsverfahrens
- das erstinstanzliche Hauptverfahren mit Beweisaufnahme und Beweiswürdigung
- die Wirkung gerichtlicher Entscheidungen
- die Arten der Rechtsbehelfe
Die Bezüge zur EMRK und dem EU- bzw. Völkerrecht werden ebenso hergestellt. Auch findet sich ein Kapitel zur Revision, hierzu sei jedoch das zuletzt rezensierte speziellere Werk von Russack empfohlen.
Mit ca. 430 Seiten ist der Umfang nicht gerade wenig, doch gefällt die schnörkellose, klare Sprache, die auch die anderen Werke des Autors so beliebt bei Jurastudenten gemacht hat.
Kenner seiner Werke werden sich in einem "vertrauten Umfeld" wieder finden. Wichtige Kernaussagen bzw. Stichworte werden mit Fettschrift aus dem Fließtext hervor gehoben. Exkurse und Vertiefungen werden mit kleinerer Schriftart im Fließtext kenntlich gemacht. Übersichten, Schemata und eingestreute Fälle runden das didaktische Konzept ab und helfen beim Verstehen des Stoffes.
So weit, so gut. Größter Kritikpunkt für Referendare ist jedoch, dass Beulke zuweilen nicht der Rechtsprechung oder herrschenden Auffassung folgt. Das wäre nicht weiter problematisch, würde er dies überall auch kenntlich machen. Das geschieht zwar bei vielen streitigen Fragen, aber leider nicht immer: Als Beispiel soll hier nur die Ablehnung des Staatsanwaltes herhalten (Rn. 92 ff.). Beulke vertritt hier eine eingeschränkte Analogie zu den §§ 22 ff. StPO, die vom Wortlaut her nur für die Ablehnung von Richtern, Schöffen (§ 31 I StPO) und Sachverständigen (§ 74 StPO) gelten. Wer ein Blick in den Meyer-Goßner, vor § 22, Rn. 3 ff. wirft, wird mit Verwunderung feststellen, dass die dort bezeichnete herrschende Meinung eine solche Analogie explizit ablehnt. Davon findet man bei Beulke jedoch kein Wort, er verweist lediglich auf andere dogmatische Herleitungen jenes Ergebnisses, die sich in der Praxis wohl aber nicht durchsetzen konnten.
Schade! Da gerade die Zweite Juristische Prüfung nicht der Ort ist, um wissenschaftliche Gefechte auszutragen, lebt der Referendar gefährlich, der hier unkritisch sich zu stark von Beulke beeinflussen lässt. Denn die Korrektoren sind zumeist Praktiker, deren Toleranz für akademische Gegenpositionen nicht als gegeben angenommen werden darf.
Fazit: Mit dem Beulke erhält man ein solides, gut geschriebenes und aktuelles Werk zum Strafprozessrecht an die Hand. Es ist bedauerlich, dass er nicht zu allen strittigen Punkten auch den juristischen Mainstream darstellt. Der Nutzwert für Referendare ist damit nicht unerheblich gemindert, aber wer sich nicht scheut ihn mit dem Meyer-Goßner kritisch zu hinterfragen, erhält einen guten Überblick über das Rechtsgebiet vermittelt.