Direkt zum Hauptbereich

Kommt die Ehe für alle? – Eine verfassungsrechtliche Betrachtung

„Die Ehe ist die rechtlich geordnete Form einer auf Dauer angelegten Verbindung von Mann und Frau, deren Eingehung auf der Willensübereinstimmung der Ehegatten beruht und des Ordnungselements der staatlichen Mitwirkung durch den Standesbeamten bedarf (§§ 1310 ff. BGB).“
Nachdem die Iren in einem Referendum mit 62 Prozent sich für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner aussprachen wird auch in Deutschland leidenschaftlich darüber diskutiert, ob das Institut der Ehe in ihrem klassischen Verständnis aufrecht erhalten bleiben soll.
Die Befürworter der „Homo-Ehe“ erkennen durchaus den symbolischen Gehalt der ehelichen Bindung an. Sie sei ein Ideal. Die Bindungsfähigkeit im familiären Mikrokosmos zeuge von Stabilität und Reife im gesellschaftlichen Makrokosmos. Überreif sei die Einbeziehung der Homosexuellen in diese Wechselbeziehung. [1] Die Gegner verweisen hingegen auf das bereits bestehende Institut der Lebenspartnerschaft, das für homosexuelle Partnerschaften geschaffen wurde und welches der Ehe im Wesentlichen rechtlich gleich gestellt sei. Die christlich-kulturellen Wurzeln würden einer Öffnung entgegenstehen, da mit ihr das Institut der Beliebigkeit preis gegeben wäre.

Doch könnte der (einfache) Gesetzgeber über eine Änderung des BGB dies überhaupt ändern? Der Berliner Staatsrechtler Peter Badura stellt in seiner Kommentierung zu Artikel 6 des Grundgesetzes fest, was auch unter seinen Kollegen als herrschende Meinung angesehen wird: “Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist.“ [2]

Der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, stellte in seinem Minderheitenvotum zur Lebenspartnerschaft im Jahre 2002 explizit klar, dass der einfache Gesetzgeber nicht die Definitionshoheit über die Ehe besäße: “Ist die Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau auf eine einfachrechtliche Regelung angewiesen, so eröffnet dies keinesfalls für den einfachen Gesetzgeber die uneingeschränkte Befugnis, die Ehe nach den jeweils in der Gesellschaft wirklich oder vermeintlich herrschenden Auffassungen auszugestalten." [3]

Nach alldem bleibt festzustellen, dass in Deutschland das Grundgesetz in Art. 6 verändert werden müsste und hierfür eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat benötigt wird. [4]

Doch selbst in Irland gab es in dem Referendum keine solche, weshalb die Begeisterung der Befürworter der Öffnung des Institutes an den verfassungsrechtlichen Realitäten scheitert. Für eine Verfassungsänderung in Deutschland reicht sie, so knapp sie auch verfehlt wäre, (noch) nicht.

[1] = Lehming, Die Homo-Ehe sollte bald zur deutschen Leitkultur gehören, Tagesspiegel vom 26.05.2015
[2] = Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 73. Ergänzungslieferung 2014, Art. 6 Rn. 42

[3] = Minderheitenvotum Papier, BVerfG-Urteil vom 17. Juli 2002 - 1 BvF 1/01, Rn. 126
[4] = Andere Auffassung: Buschmann, http://www.liberale.de/content/buschmann-gastbeitrag-karlsruhe-wird-die-ehe-oeffnen, der davon ausgeht, dass das Bundesverfassungsgericht den Ehebegriff in heutiger Zeit umdefinieren könnte.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Jetzt erst recht: Deutschland braucht moderne Atomkraftwerke

Ein schwarzer Tag für Deutschland: An diesem Tag werden die letzten Kernreaktoren der 2. Generation abgeschaltet. Es ist ein viel beachteter Moment, der gemischte Reaktionen hervorruft. Während die Anti-AKW-Bewegung seit den 70er-Jahren auf diesen Tag hingearbeitet hat und jubelt , betonen andere, zu denen ich gehöre , die 300 Mrd. kWh CO2-armen und günstigen Strom, die sie im Laufe ihrer vielen Jahrzehnte in Deutschland produziert haben und hielten es für vernünftiger, wären wir heute aus der Kohlekraft ausgestiegen und behielten die Kernenergie um mindestens zwei Dekaden weiter und nicht umgekehrt. Für sie bedeutet dieser Tag einen zivilisatorischen Rückschritt zu Lasten des Landes. Die Grundlast wird von nun an entweder durch importierten Strom aus dem Ausland, oder eben von Gas und Kohle bereit gestellt werden müssen, die deutlich mehr CO2 ausstoßen. Und aufgrund des Ukraine-Krieges war insbesondere der Bezug von Gas zuletzt ein teures Unterfangen, das die Bürger mit signifikanten

Amtsschimmel - Folge 4 (Fortsetzung 3) - Die Generalstaatsanwaltschaft steckt den Kopf in den Sand

Wenn es um das Sühnen staatlichen Unrechts geht, ist in der Regel auf eines Verlass: Auf eine groteske Verweigerungshaltung anderer staatlicher Stellen dies anzuerkennen und in der Folge auch zu ahnden. Wer den Ausgangsfall verpasst hat, sollte unbedingt sich zuvor den Beitrag hier noch einmal anschauen. Widmen wir uns heute dem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Rostock vom 10. Januar 2024 (Az.: 2 Zs 724/23), der inhaltlich bedauerlicherweise wieder einer Arbeitsverweigerung gleich kommt. Immerhin stellt man sich dabei leicht intelligenter an als  noch die Staatsanwaltschaft Schwerin , wenn auch im Ergebnis ohne Substanz: Lieber Kollege Henkelmann , haben Sie wirklich über die Jahre alles vergessen, was Sie einmal im Staatsrecht gehört haben sollten? So grundlegende Dinge, wie die Bindung aller staatlicher Gewalt an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) oder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)?! Fühlen Sie sich auch noch gut dabei, wenn Sie tatkräftig dabei mithelfen, dass ü

Linux Gaming Tweaks - A small guide to unlock more performance (1)

My personal journey to unlock more performance on Linux - Part 1: Introduction This is the start of a new series dedicated to the Linux Gaming community. This is a bit of an oddball in my blog as most of my other blog posts are written for a German audience and cover my other two passions: politics and the law. Nonetheless, PC gaming is a hobby for me since I was six years old, playing games on a Schneider 386 SX. Wow, times ran fast. As I've learned quite a lot about Linux during the last couple of years, switching between several distributions, learning about compilers and optimizing parts of a Linux distribution for a greater gaming experience, I was asked recently on the Phoronix Forums to share some of my findings publicly, and I am very glad to do so with a global audience. But keep in mind, I am neither a software nor a hardware engineer - I am a law professional who is passionate about computers. I digged deep into the documentation and compiled a lot of code, breaking my s