Direkt zum Hauptbereich

Alkoholsperrbezirk verlängert

Wieder einmal ist Alkohol ein Thema in der Stadt. Bis zum Sommer 2009 hat am 22. Juli 2008 der Freiburger Gemeinderat den Alkoholsperrbezirk verlängert. Offenes Mitführen von Alkohol als auch dessen Konsum ist im "Bermudadreieck" zwischen Martinstor, Werderring und Bertoldsbrunnen somit weiterhin nicht gestattet. Grund für die dem Verbot zugrunde liegende Polizeiverordnung war die z.T: erheblich gestiegene Zahl der Gewaltdelikte in jenem Bereich.

Hat der Sperrbezirk denn etwas an der Situation zum Positiven verändert? Um die Antwort vorweg zu nehmen: So ganz genau lässt sich das noch nicht beantworten, die Datenlage spricht eine undeutliche Sprache.

Die Zahl der Gewalttaten ist in den erstem fünf Monaten des Jahres 2008 von 82 im Jahr 2007 auf nunmehr 69 gesunken, was ein Rückgang um 16 Prozent bedeutet. Doch ist das Ergebnis mit Vorsicht zu lesen, wie Prof. Dr. Roland Hefendehl, Leiter des Instituts für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht an der Universität Freiburg, der Wochenzeitung "Der Sonntag" (13. Juli 2008) verdeutlichte.

In den ersten fünf Monaten 2008 seien nur 6 Gewalttaten an den angeblich so belasteten Freitagen aufgetreten, und davon nur zwei am Abend. "Man zählt im Zeitraum von Freitag- und Samstagnacht, auf den das Alkoholverbot abzielt, sogar eine Steigerung der Delikte." Eine eindeutige Tendenz sähe anders aus, so Hefendehl.

Zuvor hatteder Arbeitskreis Suchthilfe und die Universität das Ergebnis einer Umfrage veröffentlicht, in der 300 Jugendliche im Alter von 15 bis 25 über ihre Trinkgewohnheiten befragt wurden. Das Ergebnis überraschte dann auch kaum, dass der Alkoholkonsum eine große Rolle spielen würde. 93 Prozent der Befragten würde regelmäßig Alkohol trinken, davon die Hälfte bereits bevor sie zu ihrer Freizeitgestaltung am Abend in die Innenstadt kämen. Ein Drittel der Jugendlichen habe angegeben, dass sie im zurückligenden Jahr an einer Schlägerei beteiligt waren. 90 Prozent von jenem Drittel standen unter Alkoholeinfluss. Den Initiatoren der Studie sei deshalb klar ersichtlich, dass es einen Zusammenhang zwischen Trinken und Gewalt gäbe.

Einspruch! Hefendehl bestreitet jenes Ergebnis, dessen Kritik ich mich nur anschließen kann: "Ablesen kann man daraus nur, dass offensichtlich bedenklich viel Alkohol konsumiert wird, der ursächliche Zusammenhang zwischen Alkohol und Gewalt ergibt sich hieraus aber nicht, da viele Menschen im Bermudadreieck abends alkoholisiert zu sein scheinen, egal welcher Aktivität sie nachgehen."

Die Aussage ein Zusammenhang zwischen Alkohol und Gewalt sei eindeutig, ist nach Hefendehl "schlicht falsch und unredlich". Auch werde die Bedeutung des Alkoholverbotes für die Innenstadt nicht klar, wenn bereits mehr als die Hälfte der Jugendlichen bereits bevor sie in die Stadt gehen "vorglühen" (d.h. bereits Alkohol konsumiert haben). Wieso braucht es dann ausgerechnet in der Innenstadt ein Alkoholverbot?

Zudem würden die hier als unangenehm geschilderten Zahlen zu Heiterkeitsanfällen in anderen Großstädten führen. "Wir leben in Freiburg auf einem privilegierten Niveau, was auch mit dem aufgeschlossenen Ruf Freiburgs zu tun hat. Deswegen ist es besonders schade, dass man jetzt meint, hier so aggressiv eingreifen zu müssen.", lautet das Fazit Hefendehls.

Wie der Beitrag mit den Videos der Anti-Alkohol-Kampagne Großbritanniens zeigt, möchte ich verdeutlichen, dass mir das Thema auch am Herzen liegt. Liebling der Pöbler und Alkoholjunkies bin ich mitnichten, wie jeder andere vernünftig und gerecht Denkender auch. Moderater Konsum ist okay, soweit man aber sich nicht mehr im Griff hat, sollte man es lassen. Mir geht es vor allem darum zu kritisieren mit welchen Mitteln die (Lokal-)Politik versucht sich gegen ein gesellschaftliches Phänomen der letzten Jahre zu stellen. Durch puren Aktionismus erreicht man kaum etwas in der Sache. Und jenes Alkoholverbot zeugt vom Aktionismus wie er quer durch das Parteienspektrum im Gemeinderat getragen wird.

Aber statt sich mit den komplexen Ursachen des Phänomens zu widmen, wird im Gemeinderat lieber darüber gesprochen, dass man im Selbstversuch schon öfters die Wirkung von Alkohol überpüft hätte und dazu keine wissenschaftlichen Studien bräuchte. Vielen Dank für diesen gehaltvollen Beitrag zur Diskussion!

Beliebte Posts aus diesem Blog

Jetzt erst recht: Deutschland braucht moderne Atomkraftwerke

Ein schwarzer Tag für Deutschland: An diesem Tag werden die letzten Kernreaktoren der 2. Generation abgeschaltet. Es ist ein viel beachteter Moment, der gemischte Reaktionen hervorruft. Während die Anti-AKW-Bewegung seit den 70er-Jahren auf diesen Tag hingearbeitet hat und jubelt , betonen andere, zu denen ich gehöre , die 300 Mrd. kWh CO2-armen und günstigen Strom, die sie im Laufe ihrer vielen Jahrzehnte in Deutschland produziert haben und hielten es für vernünftiger, wären wir heute aus der Kohlekraft ausgestiegen und behielten die Kernenergie um mindestens zwei Dekaden weiter und nicht umgekehrt. Für sie bedeutet dieser Tag einen zivilisatorischen Rückschritt zu Lasten des Landes. Die Grundlast wird von nun an entweder durch importierten Strom aus dem Ausland, oder eben von Gas und Kohle bereit gestellt werden müssen, die deutlich mehr CO2 ausstoßen. Und aufgrund des Ukraine-Krieges war insbesondere der Bezug von Gas zuletzt ein teures Unterfangen, das die Bürger mit signifikanten

Linux Gaming Tweaks - A small guide to unlock more performance (2)

My personal journey to unlock more performance on Linux - Part 2: Tweaking the Linux Kernel Welcome back to the second part of my Linux Gaming Tweaks series. If you missed the first part, head over here to get a general overview and learn more about my hardware and Linux distribution choices. In this episode, I will cover the single most important item on my tuning list, tweaking the Linux Kernel. Hence I will talk today about the Xanmod Kernel, additional patches I carry around to unlock an even better gaming experience, tweaks to my Kernel configuration, my Kernel command line and the compiler flags which I use to compile my Kernel. Unlike Windows, the Linux Kernel itself contains almost all of your hardware drivers (with notable exceptions, e.g. Nvidia's GPU driver). Hardware drivers are fundamental to get your PC up and running, changes in this area are also very performance-sensitive, beware that some tweaks might have an effect to the stability and security or even power usa

Müll, der zum Himmel stinkt

Alle Jahre versuchen sie es wieder und es stinkt bereits zum Himmel! Pünktlich zum Februar wurden die städtischen Müllgebührenbescheide an die Bewohner zugestellt, und man fragt sich immer wieder, ob gezielt damit gerechnet wird, dass man brav und anständig sein liebes Geld auf das Konto der Stadt überweist. Es regt sich jedoch Widerstand. Nicht nur von der FDP. Mich würde es ebenfalls einmal sehr reizen die Rechtmäßigkeit der Freiburger Abfallwirtschaftssatzung im Lichte des Urteils des VGH Baden-Württemberg vom 11.10.2004 (AZ: 2 S 1998/02) überprüfen zu lassen. Es lohnt sich also doch ab und an die Verwaltungsrechtsvorlesung und die dazugehörige Arbeitsgemeinschaft zu besuchen. Ein Landkreis ist mit seiner gängigen Praxis vor 2,5 Jahren vor Gericht nämlich schon gescheitert. Wenn es nach mir ginge würde Freiburg es ihm gleichtun. Das damalige Urteil stellt auf die Satzungsregelung des Landkreises Göppingen ab. Darin war geregelt, dass ein Haushalt eine bestimmte Grundgebü