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Harvard WorldMUN 2007 in Genf

Mit einer atmosphärisch höchst authentischen Verabschiedungszeremonie im Palais der Nationen des UN-Hauptquartiers von Europa ging am 30.03.2007 der einwöchige Harvard WorldMUN 2007 in Genf zu Ende. Als sechzehnte Veranstaltung ihrer Art ist sie dieses Jahr mit fast 1700 Delegierten aus über 40 Ländern weiter gewachsen und damit eine der mannigfaltigsten internationalen Konferenzen junger Studenten überhaupt.

In 19 verschiedenen Komitees von variierender Größe wurde im International Congress Center Genève um die Verabschiedung von Resolutionen gerungen, an Formulierungen gefeilt und sich inhaltlich zu Sachthemen detailiert zu Wort gemeldet. Die Komitees sind denen der UN nachgebildet, als auch anderen internationalen Organisationen angelehnt, in denen über ein oder zwei Themen debattiert wurden. Den Delegierten wurden im Vorfeld Länder zugewiesen, an deren Positionen sie sich orientieren sollten. Das Ziel in der einen Woche ist es eine in UN-Art gehaltene Resolution zu verabschieden. Um dies zu erreichen sind eine Menge Verhandlungsgeschick, Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten gefragt.

Nach der Arbeit durfte das Vergnügen selbstverständlich nicht ganz vergessen werden und so wurden Club- und Bar-Trips angeboten, eine Begrüßungs- und eine Abschiedsparty gegeben, sowie eine Bootstour auf dem Genfer See veranstaltet. Die Schweiz ist dabei allerdings alles andere, als ein günstiges Pflaster. Und Genf ist oben drauf eine der teuersten Städte Europas. So musste zwangsläufig, wer die Sozialangebote annehmen wollte, unheimlich tief in sein Portemonnaie greifen. Doch auch ohne sich auf die unverschämt kostspieligen organisierten Angebote zu verlassen, traf man zu jeder Tages- und Nachtzeit bei Spaziergängen in der Stadt auf WorldMUN-Delegierte, mit denen man lockere Gespräche führte, um sich zu sozialisieren.

Der International Court of Justice, Harvard WorldMUN 2007

Nach einem Bewerbungsprozess mit einzureichendem Essay zu einem der zwei Themenfelder, fiel mir die Ehre zu als Richter am International Court of Justice (ICJ) in einem hochkarätigen Team mit 14 weiteren Studenten - als einer von drei Deutschen - wirken zu dürfen. Als einziges der 19 Komitees repräsentierten wir keine Länder samt deren Positionen, sondern waren als unabhängige Richter nur an Recht und Gesetz gebunden. Die kleine Gruppengröße hatte den Vorteil, sich direkt und oft in das Geschehen mit Wortbeiträgen einzubringen, als auch eine tiefere Arbeitsbeziehung zu seinen Kollegen aufzubauen. Jenes wäre in den großen Komitees überhaupt nicht möglich gewesen. Auch durch so kleinen Details, z.B. den uns zur Verfügung gestellten Roben, oder der untereinander verwendeten Bezeichnung „Judge + [Nachname]“ entstand ein Gruppengefühl par excellence, was schon als einschwörend zu bezeichnen ist.


Inhaltlich hatten wir uns mit folgenden zwei Themen zu beschäftigen: Zum einen, darf Frankreich kongolesische Offizielle für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die sie im Kongo begangen hatten, auf seinem Staatsgebiet strafrechtlich verfolgen? Und zum anderen hatten wir über die Legalität des Irakkrieges mit der Faktenlage aus dem Jahr 2003 zu entscheiden.

Wenn auch ersteres Thema in Teilen sehr kontrovers diskutiert wurde und als Mindermeinungsvertreter eine von der Mehrheit abweichende „Dissenting Opinion“ formulierte (2 - 13), war sich die überwiegende Mehrheit einig, dass der Irakkrieg der „Koalition der Willigen“ illegal unter internationalem Recht gestartet wurde (13 - 2). Eine Richterin, die sich für die Legalität aussprach, erhielt durch einen externen Besucher Verstärkung. Einen Einblick in die US-Position erhielten wir von einem US-Diplomaten des State Department, der an der US-amerikanischen Vertretung in Genf arbeitet, aber dennoch auf schwierigem Terrain in der Diskussion stark Federn lassen musste. Aber die Würfel waren zu dem Zeitpunkt schon gefallen.

Das finale Urteil zum ersten Fall ist hier auf der WorldMUN-Seite abrufbar.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass neben Kommunikationsgeschick in englischer Sprache auch juristische Detailkenntnisse im Völkerrecht von Vorteil sind. Mit einer gewissen Zeit der Einarbeitung im Vorfeld in die Sachthemen ist es aber auch ohne Detailkenntnisse möglich sich zurecht zu finden. Für Leute, die einen internationalen Arbeitsplatz anstreben, womöglich im Umfeld der großen Weltinstitutionen, ist der WorldMUN im allgemeinen eine Veranstaltung, auf der man erste Kontakte knüpfen und Einblicke in das internationale Arbeiten gewinnen kann. Wenn dann auch die Umgebung das nächste Mal etwas studentenfreundlichere Preise aufweist, geht meine Empfehlung an jeden Interessierten, sich das einmal selbst genauer anzuschauen.

Bilder von der Reise unserer Delegation gibt es hier und speziell vom ICJ hier.

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