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Tipps zum Jurastudium #1

Von Fachliteratur kann man gerade am Anfang des Jurastudiums mächtigen Hautausschlag bekommen. Als wäre ein unübersichtliches Layout nicht schon nervig genug, verdirbt einem der unverständliche Sprachwirwarr voller Schachtelsätze und ein Mindestumfang von 300 Seiten plus X meist gehörig den Spaß.

Vor allem, wenn man nach den ersten Klausuren feststellt, dass man trotz des leidvollen aber gewissenhaften Durcharbeitens nur ungeliebte Noten bekommt.

Damit nicht jeder die gleichen Fehler macht, stelle ich hier mal in einer mehrteiligen Serie ein paar persönliche Leitlinien und einige Literaturtipps für ein möglichst erfolgreichen Start ins Jurastudium vor. Auch warne ich vor Fehlkäufen sowie gängigen Anfängerfehlern.

Die Idee dazu kam mir, als ich kürzlich Erstsemester mit den gleichen Büchern aus der Bibliothek verschwinden sah, die auch mir früher von den Professoren zur Lektüre empfohlen wurden. In der Rückschau betrachtet, hätte ich lieber zu anderen greifen sollen.

Zu dem Themenkomplex bin ich wahrlich nicht der Erste, der sich äußert. Auch ist mein Horizont bei diesem weiten Feld natürlich stark begrenzt und subjektiv durch eigene Erfahrungen geprägt. Im Internet kann nach etwas Recherche eine wahre Fundgrube an Empfehlungen und Ratschlägen erschlossen werden. Auch gibt es spezielle Bücher (formelle Sachen: dieses hier; inhaltliches: das hier oder jenes hier, eine Kombination aus Fallbuch und Einführung in die Gutachtentechnik: dieses hier) oder u.U. Veranstaltungen an der Uni, die etwas Licht ins Dunkle bringen. Ansonsten stehen auch gerne die älteren Kommilitonen zum Ansprechen bereit und geben meist bereitwillig Rat.

Bevor ich zu ganz konkreten Literaturhinweisen in den nächsten Teilen dieser Serie kommen werde, seien folgende fünf allgemeinen Tipps dem interessierten Neuling an die Hand gegeben.

Tipp Nummer 1: Kaufe und lese nicht was der Professor gut findet, sondern was du gut findest!

Leider fehlt einem zu Beginn der Überblick, was wichtig und was unwichtig ist. Auch ist am Semesterbeginn noch nicht vollumfänglich klar, was es an brauchbarer Literatur auf dem Markt gibt und womit man sich am Besten vorbereitet. Geschweige denn, was in der Klausur tatsächlich verlangt wird.

Um eins gleich vorweg zu nehmen: Leider findet sich viele schlechte Literatur am Markt. Zu viele Lehrbücher sind zur Verbreitung der Auffassungen des Autors geschrieben worden und beachten die Bedürfnisse des juristischen Neulings nur unbefriedigend. Sie sind "Kollegenbeeindruckungsbücher". Zudem veraltet selbst das beste Buch je nach Rechtsgebiet mal schneller oder langsamer und eine Neuauflage kommt ganz bestimmt irgendwann demnächst.

Wenn man nicht sowieso schon aus Prinzip zu den Skritpten der großen Repetitioren greift, deshalb lieber erstmal überlegen, ob man wirklich ein Buch braucht und dann im Internet schauen, ob das vom Prof empfohlene Werk etwas taugt. Wenn ich an die zähe Anfangsphase zurück denke, hätte ich mir lieber etwas leichter verdauliche Kost zulegen sollen, als auf die wissenschaftlich fundierten, aber für den Anfänger oftmals frustrierenden "Klassiker" zu setzen. Die Stoffülle, die komplizierte Sprache und die oftmals mangelhafte didaktische Konzeption jener Werke, ließ mich mehr als einmal verzweifeln. Desto erstaunlicher war die Erkenntnis, dass weniger oft mehr war und sich Überblickswissen wertvoller auszahlte als Spezialwissen.

Es lässt sich prima bei den Onlinebuchhändlern nach Alternativen zu den empfohlenen Klassikern recherchieren. Gerade die dort zu findenden Rezensionen, Verkaufsrangfolgen und Bewertungen sind eine erste Orientierungshilfe, wenn auch man sich lieber vor dem Kauf eine eigene Meinung bilden sollte. Die einschlägigen Skripten sind übrigens nicht in jedem Falle besser zum Lernen oder zum Einstieg geeignet. Auch dort lohnt sich der vergleichende und streng prüfende Blick.
Dies lässt sich bei vielen Werken über das Leihsystem der Universitätsbibliothek bewerkstelligen. Die Bücher lassen sich mit nach Hause nehmen, wo man in Ruhe das ausgewählte Exemplar in Augenschein nehmen kann. Ansonsten findet sich regelmäßig eins im juristischen Seminar oder der Bibliothek zur Ansicht. Das mag zwar insgesamt mit etwas Aufwand verbunden sein, doch macht der sich gut im Geldbeutel bemerkbar und sorgt für ein aufgeräumtes Bücherregal.

Generell empfiehlt es sich dort, wo es möglich ist, die Bücher so lange wie möglich auszuleihen, um mit ihnen zu arbeiten. Warum für etwas zahlen, was man nur ein Semester braucht und sich erst vor dem Examen wieder vergegenwärtigen muss, wenn überhaupt?

In der Hausarbeitszeit kann es aber gut sein, dass sich alle Kommilitonen auf die vorhandenen Leihexemplare stürzen. Also nicht vergessen, dass man das Buch auch wieder abgeben muss.

Tipp Nummer 2: Klausurvorbereitung

Dieser Tipp ist eng mit der Nummer 1 verzahnt, weil es letztlich auch auf die praktische Umsetzung des - auf welchem Weg auch immer erlangten - Wissens in den Klausuren und Hausarbeiten ankommt. Wegen der meist knapp bemessenen Bearbeitungszeit, ist die richtige Klausurtaktik und auch die Vorbereitung in besonderem Maße von einiger Wichtigkeit.

Die Strategien zur Vorbereitung sind natürlich sehr individuell und den perfekten Weg gibt es sowieso nicht. Zum Einen, weil es sehr unterschiedliche Lerntypen gibt und zum Anderen, weil selbst Professoren des gleichen Fachgebiets sehr verschiedene Anforderungen stellen oder die Schwerpunkte anders setzen. Einige Kommilitonen, denen es an Geld nicht mangelt, gehen sogar zur Begleitung der Anfängerübungen schon zu den privaten Repetitorien. Diese versprechen gezielt auf das Bestehen der ersten Scheine vorzubereiten. Und in der Tat wird dort meist eine bessere Lehrqualität geboten, als es an der Uni der Fall ist. Die Qualität hat letztlich aber ihren Preis.

Eine preisgünstige Alternative ist in späteren Semestern die selbstorganisierte Fall-AG. Nicht mehr als drei Mitstreiter bereiten abwechselnd Fälle vor und referieren über jene. Diese Methode eigenet sich gut, um konsequent zum Arbeiten angetrieben zu werden, denn man möchte vor den Kollegen ja nicht gänzlich unvorbereitet und unwissend dastehen. Nachteilig ist jedoch, dass viel vom Fleiß und Engagement der Mitstreiter abhängt und man schnell in Diskussionen gerät, in der niemand eine konkrete richtige Antwort parat hat. Auch ist die Gefahr vorhanden sich falsches Wissen einzuprägen. Gerade in den ersten Semestern eignet sich diese Methode also eher weniger. Zwischen dem 4. und 6. Semester wird die Fall-AG aber erstmals interessant.

Bleibt in den ersten Semestern also noch das Selbststudium als Alternative. Schon allein, weil pro Übung meist nur zwei Klausuren angeboten werden und ein Klausurschreibtraining an der Uni zumeist nicht angeboten wird, ist es unumgänglich sich mit den gängigsten Formulierungen vertraut zu machen. Dafür ist es dringend zu empfehlen sich Falllösungen anzuschauen und auch durchzuarbeiten. Ich persönlich tendiere gar dazu, statt eines Lernbuchs mir nur Fallbücher zu kaufen und dann bei Bedarf sich als Ergänzung ein Lernbuch auszuleihen. Falllösungen können übrigens auch für die Bearbeitung der Hausarbeiten sehr nützlich sein!
Zu den gängigen Rechtsgebieten gibt es eine reichhaltige Auswahl auf dem Markt, die die häufig auftretenden Standardprobleme gut abdecken. Leider kann man manchmal das Pech haben an eher exotische oder harte Klausuren zu geraten. In solch einer Situation kann man leider meist nur bedingt auf das Fallwissen zurückgreifen und muss sich notgedrungen am Sachverhalt und bekanntem Wissen entlang hangeln. Mit etwas Glück kommt eine halbwegs brauchbare Bearbeitung heraus. Ebensogut kann es aber auch schief gehen.
Falls es einmal nicht gut ausgegangen ist, sollte man aber nicht den Kopf hängen lassen, sondern analysieren was falsch gelaufen ist und besser vorbereitet in die nächste Klausur gehen. Vielleicht trifft man auf einen viel angenehmeren Sachverhalt. Falls auch dieser unüberwindbare Tücken hatte und die Klausur in die Hose geht, gibt es immer noch eine Chance im nächsten Semester bei einem anderen Dozenten den Schein zu kriegen. Davon geht also die Welt nicht unter! (Siehe auch Tipp Nummer 5)

Tipp Nummer 3: Onlineressourcen nutzen!

Manche Unis erlauben es, bei fast allen Unis funktioniert es mit guten IT-Kenntnissen auch so. Die Rede ist von der Heimnutzung der Onlinedatenbanken. Es ist zumindest technisch möglich auch vom heimischen Computer und Internetanschluss aus auf die Onlinedatenbanken zuzugreifen. Sollte es bei euch klappen, stehen euch somit viele gängige Kommentare und Zeitschriften auch online zur Verfügung. Und das rund um die Uhr! Sollte bei euch der Zugang nur auf dem Campus über das Uninetzwerk möglich sein, könnt ihr zumindest dann an jenem Ort in der passenden Lektüre recherchieren und euch für Daheim auf eure Notebooks kopieren.

Tipp Nummer 4: Die erste Hausarbeit

Ganz zu schweigen von den inhaltlichen Fragen, sind die Formalien einer Hausarbeit eine Hürde für sich. Wenn ihr Glück habt, bekommt ihr eine zweistündige Veranstaltung und ein paar Kopien in die Hand gedrückt, in der kurz erklärt wird, wie man denn eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen habe. Eine solche Erklärung zum öffentlichen Recht findet sich hier, zum Strafrecht samt Link zu einer Musterhausarbeit hier.

Wie beim Essen hat aber auch bei den Formalien jeder Korrektor seine eigenen Vorlieben und mäkelt bei Nichtgefallen daran herum. Was bei einem Dozenten locker durchgeht, nimmt der andere sehr übel. Deshalb im Zweifel lieber peinlich genau zitieren!

Auch wird zuweilen Plagiatssoftware eingesetzt bzw. darauf geachtet, dass es keine inhaltlich identischen Passagen in unterschiedlichen Arbeiten gibt. Gerade wenn man sich untereinander austauscht, was generell erwünscht ist, sollte man sich dessen auch bewusst sein.

Für Word als auch OpenOffice gibt es übrigens einschlägige Formatvorlagen, die die technische Bewältigung auch für IT-Laien komfortabel macht. Ganz perfekt sind die Vorlagen jedoch nicht. Gerade wer in den Genuss des automatischen Inhaltsverzeichnisses kommen möchte, verliert dadurch leider wertvollen Platz, der ansonsten für mehr Inhalt im Gutachten zur Verfügung stünde. Und wehe dem, der es wagt mehr als eine Seite zu überziehen! Der begiebt sich ganz in die Abhängigkeit der Launen des Korrektors und wird zumeist mit Punktabzug bestraft.

Tipp Nummer 5: Frustrationstoleranz mitbringen

Nichts ist enttäuschender, als eine schlechte Note wieder zu bekommen, für die man viel Zeit und Energie (oder gar Geld) investiert hat. Leider kommt das vor. Wie man an der Notenverteilung sehen kann, ist das sogar eher der Regelfall für ein Großteil der Jurastudenten.

Davon sollte man sich aber nicht vom Studium abbringen lassen, wenn man ansonsten einen Zugang zum Fach gefunden hat. Kuschelnoten werden an der juristischen Fakultät nicht verteilt. Das wird sich auch zum Staatsexamen nicht ändern. Wer Streicheleinheiten zur Motivation braucht, sollte sich diese bei seinen Jura-Kommilitonen holen, mit denen man das kollektive Leid teilt, oder den fachfremden Freunden, die einem bei der Zerstreuung der Gedanken helfen. Erst wenn das alles nichts bringen sollte, wäre es an der Zeit sich zu überlegen das Fach zu wechseln. Lieber etwas anderes mit Freude studieren, als in Jura mit Depressionen kämpfen!


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