"Anzeige ist raus" - zwar ist der politische Meinungskampf durchaus hart, er kennt aber auch Grenzen. Grenzen, die Luisa Neubauer in der Sendung von Anne Will vom 9. Mai 2021 überschritten hat und weshalb ich eine Anzeige wegen Übler Nachrede gegen sie als auch einen Autor des "Volksverpetzers" soeben gestellt habe.
Luise Neubauer hatte in der genannten Sendung gegenüber Armin Laschet über Hans-Georg Maaßen folgende Äußerungen getätigt: „Warum haben Sie dann nicht die Kandidatur des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Maaßen verhindert?“, und schob nach, „ein Mann, der hetzerische und antisemitische Ansichten verbreitet.“
Belege für eine antisemitische Gesinnung Maaßens konnte sie freilich keine vorbringen.
Thomas Laschyk verbreitet auf dem Online-Portal "Volksverpetzer" - das sich als Aufklärungsseite und "Fakten-Checker" geriert, ebenso jene unwahre Tatsache und wertet diese zustimmend: "Neubauer hat Recht: Maaßen teilt offenbar wirklich antisemitisch aufgeladene Begriffe, Verschwörungsmythen und antisemitische Personen. Ein ganz deutliches Beispiel ist die antisemitische Verschwörungserzählung um den “Great Reset” [...]."
Laschyk schiebt Maaßen aber eine Deutung unter, die er in dem als "Beleg" angeführtem Tweet vom 16. November 2020 erkennbar nicht sich zu eigen gemacht hatte. Denn der Begriff "Great Reset" wird ebenso in der Öko-Szene verwendet, ohne dass eine antisemitische Ansicht intendiert wäre. Maaßens Äußerungen in einem Tweet ("Interessantes Buch von Herrn Schwab zum "Great Reset". Ich habe Zweifel, dass sich seine Träume auf der Basis des GG realisieren lassen. Ein "Great Reset" der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte ignoriert, dürfte verfassungsfeindlich sein, auch wenn er gut gemeint ist.") zielte erkennbar auf eine Auseinandersetzung mit den politischen Vorschlägen in dem Buch von Klaus Schwab ab, das mit eben jenem Titel "Great Reset" versehen ist. Nach Ansicht von Maaßen sind die in dem Buch geäußerten politischen Ansichten schlicht inkompatibel mit dem Grundgesetz.
Ihm aus der Nennung und Auseinandersetzung mit dem Buch eine hetzerische oder antisemitische Gesinnung unterzuschieben, nur weil der Begriff auch in antisemitischen Kreisen Verwendung gefunden hat, ist in meinen Augen eine Verbreitung einer Tatsache, die dazu geeignet ist Maaßen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen und nicht erweislich wahr ist. Da es ihnen anscheinend gerade darauf ankommt in der Öffentlichkeit die Person Hans-Georg Maaßen herabzuwürdigen, ist meines Erachtens der Tatbestand der Üblen Nachrede (§ 186 StGB) auch vorsätzlich begangen worden und eine Strafbarkeit gegeben. Bei einer öffentlichen Begehung der Tat besteht ein Strafmaß von Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.
Ein nicht ganz unerheblicher Nachtrag: Normalerweise sind die Beleidigungsdelikte Antragsdelikte, d.h. der Geschädigte selbst müsste einen Strafantrag stellen. Davon kennt das Gesetz aber Ausnahmen, etwa nach § 194 Abs. 1 Satz 2 StGB, wenn die Beleidigung mit der Verfolgung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft zusammen hängt. Ob diese Ausnahme greift, dürfen die Kollegen von der Staatsanwaltschaft prüfen, ebenso, ob andere Delikte einschlägig sind, etwa eine Volksverhetzung (§ 130 StGB) durch eine Verharmlosung des Völkermords an den Juden durch eine Bewertung der Äußerungen Maaßens als antisemitisch (§ 130 Abs. 3 StGB). Maaßen hat sich zu den Vorwürfen mittlerweile geäußert und wird in der ZEIT mit Berufung auf die dpa wie folgt zitiert: "Das sind für mich halt- und beleglose Behauptungen, die ich energisch zurückweise" [...] Neubauer habe keinerlei Belege für ihre Behauptungen. Heutzutage könne über alle alles gesagt werden, sagte Maaßen. "Es ist eine Verrohung des politischen Diskurses, die man zur Kenntnis nehmen muss." Es wird sich zeigen, ob Maaßen selbst bei der Staatsanwaltschaft einen Strafantrag stellen oder von einer Verfolgung absehen wird. Die Volksverhetzung ist jedenfalls ein Offizialdelikt, das heißt die Staatsanwaltschaft muss dann von Amts wegen ermitteln und gegebenenfalls anklagen.